(neu: Aktienkurs, Aussage aus der Telefonkonferenz.)

ESSEN (dpa-AFX) - Für den Energiekonzern RWE läuft es auch in der Corona-Krise weiterhin gut. Die Pandemie hat sich kaum auf das Geschäft ausgewirkt, im Gegenteil: Der Konzern verzeichnet im ersten Halbjahr deutliche Ergebniszuwächse. Und auch mit Blick auf die Zukunft gab sich Finanzchef Markus Krebber am Donnerstag bei Vorlage der Quartalszahlen sehr gelassen: Auch wenn die Corona-Pandemie die Industrie und damit die Stromnachfrage weiter beeinflusse, habe das keine wirtschaftlichen Auswirkungen auf RWE in den nächsten 18 bis 24 Monaten. "Weil wir in diesem Zeitraum bereits preis- und mengenmäßig abgesichert sind", erklärte Krebber.

Die Anleger reagierten positiv auf die Entwicklung bei RWE. Der Kurs der Aktie legte am Mittag um mehr als 2 Prozent zu und stieg damit wieder auf das Kursniveau vor Beginn des Corona-Crashs. Analyst Alberto Gandolfi von Goldman Sachs sprach von einem starken ersten Halbjahr des Dax-Konzerns. Der Markt unterschätze noch immer das Potenzial von RWE auf dem Markt für regenerative Energien. RWE sei im Kerngeschäft der Erneuerbaren Energien vergleichsweise gut vorangekommen, gerade im Hinblick auf das von der Corona-Pandemie geprägte schwierige Umfeld.

Seinen Ausblick hat der Konzern bestätigt und peilt nun das obere Ende der Brandbreite an, wie er am Donnerstag in Essen mitteilte. "Die Weltwirtschaft wird absehbar weiter im Schatten von Corona stehen", erklärte Krebber. "Wir sind strategisch gut aufgestellt und treiben den Ausbau unseres Kerngeschäfts mit hohem Tempo voran." Beim früheren Konkurrenten Eon lief es zuletzt nicht ganz so gut - das Management musste am Mittwoch seine Prognose senken.

Der Energiekonzern habe über alle Geschäftsbereiche hinweg solide abgeschnitten, schrieb RBC-Analyst John Musk. Seine und die Marktschätzungen lägen bereits auf dem Niveau der von RWE für 2020 ausgegebenen Ziele.

Verantwortlich für das bessere Ergebnis im ersten Halbjahr waren mehrere Faktoren: Neben guten Windbedingungen erhält RWE auch wieder Zahlungen aus dem britischen Kapazitätsmarkt für das Vorhalten von Stromreserven. Außerdem hat der Konzern neue Windkraftanlagen in Betrieb genommen.

Der Energiehandel lief allerdings nicht ganz so rund wie im "außergewöhnlich guten Vorjahreshalbjahr", teilte RWE mit. Hier macht sich die Corona-Krise dann doch in kleinerem Umfang bemerkbar, weil die Rohstoffpreise im Zuge der Pandemie eingebrochen waren. In diesem Segment ging das Ergebnis zurück, während RWE allerdings sonst im Kerngeschäft überall operativ Zuwächse verbuchen konnte.

Aber auch außerhalb des Kerngeschäfts ist die Entwicklung laut Konzern positiv. Weil RWE bessere Großhandelspreise erzielen konnte, habe sich das operative Ergebnis im Segment Kohle und Kernenergie verdoppelt. Die Erzeugung aus diesen Anlagen wurde bereits in den Vorjahren nahezu vollständig auf Termin verkauft.

Für diese Sparte ist auch der Anfang Juli in Deutschland beschlossene Kohleausstieg von besonderer Bedeutung. Bereits in vier Monaten werde RWE den ersten Braunkohlenkraftwerksblock abschalten. In den nächsten beiden Jahren folgen weitere Blöcke. Bis 2030 legt RWE zwei Drittel der Braunkohlenkapazität still. Infolgedessen entfallen bis Ende 2022 über 3000 Arbeitsplätze. Bis 2030 werden es insgesamt rund 6000 sein, rechnet der Konzern vor.

RWE ist mit dem ersten Halbjahr nach eigenen Angaben insgesamt sehr zufrieden. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg auf 1,8 Milliarden Euro. Auf Pro-Forma-Basis ist das ein Plus von 18 Prozent. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) war der Zuwachs noch größer mit 33 Prozent, das Ebit lag in den ersten sechs Monaten bei 1,1 Milliarden Euro. Das bereinigte Nettoergebnis lag bei 795 Millionen Euro. Hier liegt allerdings keine entsprechende Pro-Forma-Zahl zum Vergleich vor.

Bei den Pro-Forma-Zahlen handelt es sich um Vergleichszahlen, die errechnen, wie der Konzern im Vorjahreszeitraum abgeschnitten hätte, wenn der Deal mit Eon bereits damals umgesetzt gewesen wäre. Erst seit Juni ist die Transaktion komplett. Vor mehr als zwei Jahren hatten Eon und RWE einen Deal beschlossen, mit dem sie den Markt neu aufgeteilt und die ehemalige RWE-Tochter Innogy zerschlagen und untereinander aufgeteilt haben. Jetzt konzentriert sich Eon auf Netze und Vertrieb, RWE hat von Innogy und Eon die erneuerbaren Energien übernommen.

Für 2020 erwartet RWE ein bereinigtes Ebitda von 2,7 bis 3,0 Milliarden Euro. Das bereinigte Ebit soll bei 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro liegen. Den bereinigten Gewinn schätzt der Konzern auf 0,850 bis 1,15 Milliarden Euro. An der geplanten Anhebung der Dividende auf 85 Cent je Aktie für das laufende Geschäftsjahr hält RWE ebenfalls fest./knd/men/jha/