BERLIN (dpa-AFX) - Deutschland wird nach Einschätzung von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wohl schon bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen können. "Der Kohleausstieg wird schneller kommen als bisher vorgesehen", kündigte Schulze am Dienstag bei der virtuellen Debate-Energy-Konferenz vom "Tagesspiegel" an. Bislang war ein Kohleausstiegspfad bis zum Jahr 2038 vorgesehen.

Die Anhebung des europäischen Klimaziels beschleunige den Ausstiegsprozess, erklärte Schulze. Die EU-Staaten hatten sich im Dezember darauf verständigt, bis 2030 eine Verringerung der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu erreichen. Die EU hatte damit ihr ursprüngliches Ziel von 40 Prozent nach oben korrigiert.

Das neue Klimaschutzziel erfordere auch eine Anpassung des EU-Emissionshandels, der wiederum dazu führen werde, dass Kohlestrom über höhere Zertifikate-Preise "aus dem Markt gedrängt" werde, erklärte Schulze. Das könne einen vorzeitigen Stopp für Kohlestrom ermöglichen; es bedeute aber auch, vom Ausstieg betroffene Regionen jetzt besonders zu stärken und "neue gute Arbeitsplätze" zu schaffen, betonte die Bundesumweltministerin.

Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse "sehr viel konsequenter als bisher" vorankommen, sagte Schulze weiter. Im Jahr 2030 müsse Deutschland eine installierte Photovoltaik-Leistung von 150 statt 100 Gigawatt erreichen. Für die Onshore-Windenergie müssten es 95 anstelle von 71 Gigawatt sein.

Deshalb sei es auch "immens wichtig", bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) voranzukommen. Die CDU müsse "schnell wieder Gesprächsfähigkeit herstellen", mahnte Schulze.

Die Koalition aus Union und SPD wollte ursprünglich im ersten Quartal 2021 über eine Reform des EEG einen weitergehenden Ausbaupfad für erneuerbare Energien definieren - auch als Konsequenz aus den angehobenen EU-Klimazielen. Die Verhandlungen waren aber zuletzt wegen Lobby-Vorwürfen gegen Unions-Abgeordnete ins Stocken geraten. Auf Unionsseite müssen die beiden EEG-Verhandlungsführer Joachim Pfeiffer (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) ersetzt werden./faa/DP/stw