London/Berlin (Reuters) - Auch die britische Billig-Airline Easyjet macht künftiges Wachstum in Deutschland von sinkenden Standortkosten für die Luftfahrt abhängig.
Im nächsten Geschäftsjahr werde man etwa bei der Sitzplatzkapazität nicht zulegen, sagte Deutschland-Chef Stephan Erler am Mittwoch in Berlin. "Wir werden das Angebot in Deutschland konstant halten." Wachstum sei nur möglich, wenn die Steuern und Gebühren fielen, betonte Erler. Denn die hohen Kosten seien entscheidend dafür, wo die Airline europaweit Flugzeuge stationiere. Deutsche Airports stünden in direkter Konkurrenz mit Wachstumsmärkten wie Großbritannien, Portugal, Italien und der Schweiz.
Wegen der hohen Luftfahrtkosten will die Lufthansa-Tochter Eurowings am Hamburger Airport 2025 rund 1000 Flüge streichen. Auch der irische Billigflieger Ryanair kappt sein Flugprogramm für Hamburg im Sommer um 60 Prozent und will Dortmund, Dresden und Leipzig gar nicht mehr anfliegen. Easyjet-Manager Erler forderte, die Luftverkehrssteuer müsse abgeschafft, Gebühren für die Luftsicherheit gedeckelt und die Deutsche Flugsicherung strukturell reformiert werden. Vor Kurzem hatte Easyjet angekündigt, ab März auch wieder Flüge von und nach Düsseldorf ins Programm zu nehmen.
Auch der Flughafenverband ADV forderte einseitige Wettbewerbsnachteile, wie die nationale Luftverkehrsteuer und die im nationalen Alleingang eingeführte E-Kerosinquote, schnellstmöglich zu beseitigen. Ohne kurzfristige politische Kurskorrektur werde die Branche weiter geschwächt - "was zu Arbeitsplatzverlusten, einem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität und zum verlangsamten Klimaschutzumbau führt", erklärte der ADV-Präsident und Chef des Frankfurter Flughafens, Stefan Schulte.
EASYJET BAUT GESAMTKAPAZITÄT AUS
Derweil hat der gesamte Easyjetkonzern im abgelaufenen Bilanzjahr zwar mehr verdient, die Markterwartungen aber verfehlt. Der Betriebsgewinn schnellte um ein Viertel auf 597 Millionen Pfund (716 Millionen Euro) nach oben, während Analysten im Schnitt mit 626 Millionen Pfund gerechnet hatten. Dies sei ein "bedeutender Schritt in Richtung unseres Ziels, nachhaltig über eine Milliarde Pfund Vorsteuergewinn zu erwirtschaften", erklärte der scheidende Vorstandschef Johan Lundgren. Finanzvorstand Kenton Jarvis äußerte sich auch für das im September 2025 endende Bilanzjahr zuversichtlich. Dann wolle man das Sitzplatzangebot - anders als in Deutschland - um drei Prozent ausbauen.
"Die Fluggesellschaft wird weiter wachsen, insbesondere auf beliebten längeren Urlaubsrouten wie Nordafrika und den Kanaren, und wir planen, 25 Prozent mehr Kunden mit Pauschalreisen zu gewinnen", kündigte Jarvis an, der 2025 den Posten als Vorstandschef übernehmen wird.
EasyJet ist dank seiner mit CFM-Triebwerken ausgestatteten Airbus-Flotte vielen der Probleme aus dem Weg gegangen, die den Sektor belastet haben. Andere Unternehmen wie Ryanair wurden durch Probleme beim Flugzeugbauer Boeing belastet, der wegen Technikproblemen und Streiks seine Produktion drosseln musste. Die Easyjet-Aktie stieg zunächst um gut vier Prozent, lag aber gegen Mittag nur minimal um etwa 0,1 Prozent im Plus.
(Bericht von Joanna Plucinska in London, Yadarisa Shabong in Bangalore und Klaus Lauer in Berlin, Mitarbeit von Anneli Palmen, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)