Zürich/Lugano (awp) - Der Vermögensverwalter EFG International verkauft sein Retailgeschäft im Tessin an die dortige Kantonalbank (BancaStato). Damit wechseln etwa 7'000 frühere BSI-Kunden mit Kundengeldern über rund 1,2 Milliarden Franken zum Staatsinstitut. Die beiden Parteien wollen künftig auch weitere mögliche Kooperationen im Tessin prüfen.

Zu finanziellen Aspekten hätten die beiden Vertragsparteien Stillschweigen vereinbart, schreibt EFG in einer Mitteilung vom Mittwoch. Der Abschluss der Transaktion wird im ersten Quartal 2021 erwartet. EFG hatte im Jahr 2016 die Tessiner Bank BSI übernommen. Die Finma hatte in der Folge die BSI-Auflösung wegen des Geldwäschereiskandals um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verfügt.

Das Tessiner Retailgeschäft beinhalte individuelle Kunden sowie Geschäftskunden, die keine Vermögensverwaltungsdienstleistungen beanspruchten, heisst es in der EFG-Mitteilung. Die Vermögensverwaltungsbank wolle sich gemäss ihrer Strategie 2022 auf das Kerngeschäft Private Banking fokussieren.

Wechsel von zehn Personen

Mit der Übernahme der EFG-Aktivitäten sollen auch etwa zehn Personen zur BancaStato wechseln, wie BancaStato-Direktionspräsident Fabrizio Cieslakiewicz gegenüber der Nachrichtenagentur AWP sagte. Von den rund 7'000 Kunden, die zur BancaStato wechseln, haben gemäss seinen Angaben 80 Prozent den Wohnsitz in der Schweiz, die restlichen seien in Italien ansässig.

Bei den von der EFG International übernommenen Kundengeldern handle es sich zum einen um insgesamt 660 Millionen Franken an Kundenguthaben. Bei den weiteren 580 Millionen Franken handle es sich um Kredite - vor allem Hypothekarkredite, die zu 90 Prozent mit Immobilien im Südkanton und dem Rest der Schweiz besichert seien.

Gemeinsamer Ausschuss

Zu den Auswirkungen der Transaktion auf die Resultate der Tessiner Kantonalbank wollte Cieslakiewicz zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben machen. Diese helfe der Kantonalbank aber, ihrer strategischen Ziele bezüglich des Marktanteils zu erreichen.

Zur Auslotung einer künftigen Zusammenarbeit zwischen BancaStato und EFG in der Region wollen die beiden Institute einen gemeinsamen Ausschuss ernennen. Als potenzielle Bereiche der strategischen Zusammenarbeit würden sich etwa gegenseitige Kundenempfehlungen, Fondsprodukte und Bankdienstleistungen anbieten, heisst es in der Mitteilung.

Positive Kursreaktion

An der Börse notieren die EFG-Titel am Mittwochmittag freundlich, nachdem sie kurz nach der Eröffnung in der Spitze um rund 11 Prozent angestiegen waren. Gegen 12.15 Uhr liegen die EFG-Aktien noch rund 1,6 Prozent im Plus bei 5,15 Franken. Der Gesamtmarkt (SPI) tendiert derweil mit -0,4 Prozent im Minus.

Angesichts der rund 150 Milliarden Franken an Assets, die EFG insgesamt verwaltet, habe die Transaktion der rund 1,2 Milliarden an Kundenvermögen im Tessin keinen nennenswerten Einfluss, heisst es in einem Kommentar der ZKB. Sinnvoll sei die Abgabe von diesem nicht profilkonformen Geschäft aber allemal.

Da der Aktienkurs von EFG zudem in den letzten Tagen stark unter Druck geraten sei, erachte er die Titel auf diesem Niveau für "deutlich unterbewertet", so der ZKB-Analyst. Dieser verweist aber auch darauf, dass EFG in der Vergangenheit "auch immer ein Talent für Fettnäpfchen hatte."

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