Luzern (awp) - Beim Milchverarbeiter Emmi kommt es mittelfristig zu Veränderungen im obersten Management. CEO Urs Riedener wird sein Amt per Ende 2022 abgeben und soll dann an der Generalversammlung 2023 zum Präsidenten des Verwaltungsrates gewählt werden. Damit neigt sich eine für den Konzern sehr erfolgreiche Periode dem Ende zu.

Der heutige Präsident Konrad Graber wird an der GV 2023 nicht mehr zur Wiederwahl antreten, wie Emmi am Donnerstag mitteilte. Er ist seit 15 Jahren Mitglied des Verwaltungsrates und seit 12 Jahren dessen Präsident. Riedener seinerseits ist seit April 2008 Chef des Innerschweizer Konzerns und wird diesen somit beim Übertritt an die Spitze des Verwaltungsrates fast 15 Jahre operativ geführt haben.

Um sich "auf das neue Amt zu konzentrieren und als designierter neuer VR-Präsident eine 'Cooling-off-Periode' zu respektieren", wird Riedener bereits Ende 2022 und damit gut ein Vierteljahr vor der Wahl an die Spitze des Verwaltungsrates zurücktreten, heisst es. Über die Wahl eines neuen CEO soll dann im Frühling 2022 informiert werden.

Erfolgreiche Jahre

Unter der Leitung von Riedener, der damals von der Migros zum Luzerner Konzern gestossen war, habe Emmi eine "konstante und nachhaltige Performance" gezeigt, schrieb das Unternehmen in der Mitteilung. Mit einem diversifizierten Länder- und Produktportfolio und erfolgreichen Markenkonzepten wie Caffè Latte oder Kaltbach sowie strategischen Nischengeschäften wie etwa Dessertspezialitäten sei Emmi heute nicht nur der führende Milchverarbeiter der Schweiz, sondern zähle mit Tochtergesellschaften in 14 Ländern auch zu den führenden international tätigen Premium-Anbietern von Milchprodukten.

Kaum jemand würde heute bestreiten, dass Riedener den Konzern in seinen bisher gut 13 Jahren an der Spitze sehr erfolgreich geführt hat. Er hat vor allem auch die Internationalisierung vorangetrieben. War Emmi 2008 noch ein sehr auf die Schweiz fokussierter Milchkonzern mit einem Auslandumsatzanteil von lediglich 23 Prozent, hat sich das Verhältnis mittlerweile gekehrt. Das heisst, Emmi macht mittlerweile deutlich mehr Umsatz im Ausland als in der Schweiz: 2020 war das Verhältnis 55 zu 45 Prozent, im ersten Halbjahr 2021 bereits schon 57 zu 43 Prozent.

Interessant ist auch, dass Emmi heute in der Schweiz rund ein Fünftel weniger umsetzt als 2008, während der Auslandumsatz sich in dieser Zeit mehr als verdreifacht hat. Insgesamt sind die Verkäufe in Franken damit in diesen 12 Jahren um eher bescheidene 38 Prozent gestiegen. Dafür ist mit dem verstärkten Fokus auf margenstarke Markenprodukte und dem Engagement im Ausland die Profitabilität stark gestiegen. Die EBIT-Marge verbesserte sich auf zuletzt rund 7 Prozent von damals unter 4 Prozent und der Reingewinn stieg um mehr als das Dreifache auf zuletzt 188 Millionen Franken.

Aktionäre gut gefahren

Und auch die Aktionäre sind damit sehr gut gefahren. Die Emmi-Aktie kam im Dezember 2004 zu 100 Franken an die Börse, mittlerweile kostet das Papier mit 1055 Franken zehnmal mehr. Das Allzeithoch, das vor gut zwei Wochen erzielt wurde, liegt gar bei 1110 Franken. Lange hatte das Papier auf relativ tiefem Niveau dahin gedümpelt: als Riedener übernahm, lag der Kurs bei gut 140 Franken. Erst danach - und besonders ab 2015 - ging es rasant aufwärts. Eindrücklich ist auch die Dividendenentwicklung: wurden für 2008 noch 2,60 Franken pro Aktie ausbezahlt, waren es für 2020 bereits 13 Franken.

Nicht überraschend haben denn auch Analysten viel Lob für Riedener, der früher auch einmal als möglicher Lindt- oder Nestlé-Chef gehandelt wurde. Der zuständige Analyst von Baader Helvea etwa schreibt in einen Kommentar: "Riedener ist ein entscheidender Treiber des erfolgreichen Transformationsweges, der aus einer (langweiligen) genossenschaftsähnlichen Organisation einen (von Investoren hoch angesehenen) modernen, auf spezialisierte Produkte fokussierten Fast-Moving-Konsumgüter-Konzern machte." Es spreche für seinen proaktiven Führungsstil, dass auch das Ende seiner CEO-Zeit frühzeitig kommuniziert werde.

Auch bei der ZKB kommt Riedener sehr gut Weg. Das Duo Graber/Riedener habe seit 2008 die erfolgreiche Entwicklung von Emmi geprägt, heisst es dort in einem Kommentar. Der Rücktritt von Riedener sei entsprechend ein Verlust für Emmi. "Die Tatsache aber, dass er als künftiger, nicht-exekutiver VR-Präsident die Entwicklung von Emmi weiterhin stark beeinflussen wird, ist jedoch ein Gewinn."

uh/ra