"2016 ist ein Jahr des Übergangs" - mit diesen Worten hatte der Manager darauf verwiesen, dass die Aufspaltung des Konzerns nochmals für hohe Belastungen sorgen wird. Tatsächlich droht E.ON bei der Vorlage der Bilanz 2016 am Mittwoch beim Nettoergebnis ein Debakel. Der Verlust könnte sich auf einen zweistelligen Milliardenbetrag belaufen, denn er lag nach neun Monaten bereits bei 9,3 Milliarden. Die Analysten der Deutschen Bank rechnen mit einem Fehlbetrag von 12,4 Milliarden Euro. Von Reuters befragte Experten erwarten ein Minus von bis zu 14 Milliarden Euro. Teyssen muss nun die Wende schaffen. Sein Vertrag läuft Ende 2018 aus. Der 57-Jährige führt seit 2010 den einst größten deutschen Versorger.

"Ich glaube, Teyssen steht schon unter Druck. Es gibt Angriffspunkte", sagte der Portfolio-Manager von Union Investment, Thomas Deser, der Nachrichtenagentur Reuters. Union hält knapp ein Prozent an E.ON. "Die Milliardenverluste der vergangenen Jahre sind natürlich ein Desaster." Man müsse Teyssen zugute halten, dass sich die Rahmenbedingungen nicht verbessert hätten. "Es sind aber in der Vergangenheit auch unter seiner Regie viele, viele ambitionierte Vorstöße in Märkte wie Brasilien und der Türkei unternommen worden, die sich nicht ausgezahlt haben." Hinzu kamen Fehleinschätzungen der Politik, etwa als E.ON bei den ursprünglichen Aufspaltungsplänen die deutschen Kernkraftwerke mit abstoßen wollte.

TEYSSEN VOR VIERTEM MILLIARDENVERLUST SEINER AMTSZEIT

Für Teyssen wäre der jetzige Fehlbetrag nach 2011, 2014 und 2015 bereits der vierte Milliardenverlust seiner Amtszeit. Der bisherige Minusrekord eines börsennotierten deutschen Versorgers lag bei sieben Milliarden Euro - dem Ergebnis von E.ON 2015. Die erneuten Verluste liegen vor allem an milliardenschweren Abschreibungen auf die abgespaltenen Kraftwerksgeschäfte der früheren Tochter Uniper, der wie der gesamten Branche die stark gefallenen Strom-Großhandelspreise zu schaffen machen. Der Konkurrent RWE fuhr 2016 einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro ein.

"Ich sehe auf jeden Fall eine Drucksituation, die erheblich ist", sagte ein Branchenexperte. Dies liege auch daran, dass E.ON die deutschen Atomkraftwerke behalten habe. "Auf E.ON lastet das Kernenergiethema immer noch in erheblichem Umfang." Dies gelte etwa für die milliardenschweren Kosten für den Abriss der Meiler.

Teyssen muss nun liefern. Die Aktionäre sollen mit einer Dividende für 2016 bei Laune gehalten werden. Analysten erwarten nach Reuters-Daten eine Ausschüttung von 20 Cent je Aktie nach 50 Cent im Vorjahr. Vom Nettoergebnis will E.ON ohnehin wenig wissen. Operativ sehe es besser aus. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) und um Sondereffekte bereinigt hatte der Versorger mit seinen Geschäften aus Ökostrom, Netzen und Vertrieb für 2016 einen Gewinn von 2,7 bis 3,1 Milliarden Euro angepeilt. 2015 waren es 3,6 Milliarden Euro gewesen.

"STABILER UND SOLIDER"

Union-Investment-Experte Deser sieht Licht am Ende des Tunnels. Uniper sei durch den milliardenschweren Verkauf seiner Beteiligung am sibirischen Gasfeld Juschno Russkoje solider geworden. "Für E.ON wird es dadurch einfacher, sich von der Restbeteiligung an Uniper nach Ende 2017 zu trennen." E.ON hält noch 47 Prozent. Das Netzgeschäft von E.ON sei stabil. Und auch beim Ökostrom blieben Projekte übrig, die vorangetrieben werden. "Zudem gibt es am Markt die Erwartungen, dass sich die europäischen Strom-Großhandelspreise in den kommenden Jahren stabilisieren werden. Eine Reihe von Kraftwerken geht vom Netz. Das wird alles stabiler und solider."

Stabiler werden soll auch die Bilanz des Konzerns. E.ON spielt deswegen die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung durch. Die Experten von Jefferies rechnen mit einer Erhöhung um zehn Prozent. Zu den weiteren Maßnahmen könnten eine Hybridanleihe und der Verkauf der restlichen Uniper-Beteiligung gehören. Denn E.ON stehen weitere Belastungen bevor. So muss der Konzern im Sommer rund zehn Milliarden Euro in den staatlichen Atomfonds einzahlen, der für die Lagerung des Atommülls zuständig sein soll. Der als streitbarer Investor bekannte Hedge Fonds Knight Vinke fordert bereits einen weiteren Konzernumbau und den Verkauf von Netzgeschäften.