BERLIN/SCHWEDT/ODER (dpa-AFX) - Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, rechnet "in kurzer Zeit" mit einer neuen Gesellschafterstruktur bei der PCK-Raffinerie in Schwedt, die bisher mehrheitlich zum russischen Staatskonzern Rosneft gehört. Dies sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Potsdam. "Dann werden wir auch diesen Standort sichern und auch die Wettbewerbsfähigkeit" herstellen.

Die EU berät derzeit über ein Ölembargo gegen Russland. Die Raffinerie PCK gehört mehrheitlich der deutschen Tochter des russischen Rosneft-Konzerns und verarbeitet russisches Öl aus der Druschba-Pipeline, die in Schwedt in Brandenburg ankommt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will das Werk über Rostock und Danzig mit Rohöl aus anderen Quellen versorgen, woran der russische Betreiber nach Habecks Darstellung kein Interesse hat. Rosneft Deutschland hat sich offen gezeigt für nicht-russisches Öl.

Auf Grundlage eines neuen Gesetzes könnte die Anlage notfalls unter staatliche Kontrolle gestellt werden. Neben der Rosneft Deutschland GmbH (54,17 Prozent) halten auch die Shell Deutschland GmbH (37,5 Prozent) und Eni Deutschland GmbH (8,33 Prozent) Anteile. Rosneft hatte Shell-Anteile hinzugekauft, das Wirtschaftsministerium prüft dies aber noch. Wie eine neue Gesellschafterstruktur aussehen könnte, ist unklar.

Der Ostbeaufragte deutete an, dass die Raffinerie künftig eine geringere Auslastung haben könnte, "weil wir nicht mehr so viel Öl haben werden aus Russland". Doch "werden wir sicherstellen, dass die Verluste, die dabei entstehen, vom Bund getragen werden", sagte Schneider beim Kommunalkongress der ostdeutschen Sparkassen. Für die Versorgung in Ostdeutschland vor allem mit Benzin, Diesel und Bitumen werde es "eine Sicherung geben".

Ostdeutsche Unternehmen und die Linke hatten vor Versorgungslücken und Preissprüngen gewarnt, falls aus Schwedt weniger oder gar keine Raffinerieprodukte mehr kommen. Die rund 1200 Beschäftigten der Anlage bangen um ihre Jobs.

Die Bundesregierung will beim Umbau der Raffinerie helfen. Sie "unterstützt die regionale Transformation hin zu einer (...) klimaschonenden und nachhaltigen Industrie und damit auch den Standort Schwedt bei der Erhaltung und Schaffung zukunftsträchtiger Arbeitsplätze", heißt es in der Antwort von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen auf eine Frage des AfD-Abgeordneten Bernd Schattner.

Der Parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner zeigte sich zuversichtlich, mit alternativen Öl-Lieferungen die Kapazität auch bei einem Embargo zum Großteil sicherstellen zu können. "Wir brauchen Schwedt für die Versorgungssicherheit Ostdeutschlands und für Teile von Polen", sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete nach Angaben von RBB24 am Montagabend.

CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann warnte, aus Sicht der CDU sei die Versorgung des Werks weiter nicht klar. Auch der Umfang der Umbauten für die Lieferung anderen Öls sowie der Zeitraum einer Unterbrechung der Versorgung stünden im Raum. SPD-Fraktionschef Daniel Keller sagte, der Bund müsse als Ausgleich finanzielle Mittel zur Unterstützung in die Hand nehmen im Umfang von bis zu fünf Milliarden Euro, um Schwedt zukunftsfest zu machen. Grünen-Energiepolitiker Clemens Rostock riet zu Geduld. "Wir gewinnen (...) nichts, wenn wir einfach drauf hauen und sagen: Es ist nichts geregelt."

Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation", die jede Art von fossiler Energie und auch den Betrieb von Schwedt ablehnen, drehen seit Wochen immer wieder Sperrventile an Leitungen in der Region ab. In der Nacht zum Dienstag sei dies in der Nähe von Neubrandenburg erneut gelungen, teilte die Gruppe mit. Die Aktionen würden fortgesetzt./vsr/DP/stw