(mehr Details zu Biologika und Äußerungen aus der Analysten-Telefonkonferenz)

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Pharma-Wirkstoffforscher Evotec traut sich wegen des schwachen Euro etwas mehr Umsatzwachstum zu. Zugleich bremsen aber hohe Kosten für das Hochfahren einer vor einem Jahr in den USA eröffneten Produktionsanlage für Biologika. Hinzu kamen höhere Aufwendungen für Energie und Rohstoffe sowie im Zusammenhang mit einer Übernahme.

Zudem war der Beitrag durch Meilensteinzahlungen, die das Unternehmen von Pharmafirmen nach dem Erreichen definierter Ziele erhält, zuletzt geringer. Daher bleibt der Jahresausblick für das operative Ergebnis nur dank des schwachen Euro unverändert. Die zuletzt arg gebeutelte Aktie geriet am Donnerstagmorgen erneut unter Druck.

Evotec-Chef Werner Lanthaler erwartet 2022 laut einer Mitteilung vom Donnerstag nun einen Konzernumsatz von 715 bis 735 Millionen Euro, nach bisher avisierten 700 bis 720 Millionen. Das wäre ein Plus von bis zu knapp 19 Prozent. Zu konstanten Wechselkursen kalkuliert der Manager aber weiter mit 690 bis 710 Millionen Euro.

Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte sollen weiter 105 bis 120 Millionen Euro übrig bleiben, nach 107 Millionen 2021, allerdings nur dank des Rückenwinds durch die Abwertung des Euro zum US-Dollar. Auf Basis konstanter Wechselkurs wird nur noch mit einem operativen Ergebnis von 85 bis 100 Millionen Euro gerechnet.

Beim Umsatz profitiert das Unternehmen durchaus von einer regen Nachfrage der Pharmaunternehmen nach Wirkstoffforschung und steigenden Preisen, allerdings hinterließen die höheren Kosten zuletzt weiter Spuren beim Gewinn. Im ersten Halbjahr steigerten die Hamburger die Erlöse im Jahresvergleich um fast ein Viertel auf knapp 337 Millionen Euro. Das bereinigte operative Ergebnis lag mit 33,6 Millionen Euro aber unter dem Wert der ersten Hälfte 2021. Die gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe würden zwar bei Neuverträgen an die Kunden weitergereicht, was aktuell im Grunde kein Problem sei, sagte Lanthaler in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Allerdings sei das bei Altverträgen, die teils mehrere Jahre liefen, schwieriger. Aber auch hieran werde gearbeitet.

Der MDax-Konzern profitiert grundsätzlich von Kooperationen mit der Biotech- und Pharmaindustrie, da Erfolge Meilensteinzahlungen und Umsatzbeteiligungen mit sich bringen. Seit geraumer Zeit nimmt Evotec aber auch mehr Geld für die Forschung und Entwicklung in die Hand. Zudem erweitert das Unternehmen das Angebot für seine Kunden, etwa mit Produktionsanlagen für biopharmazeutische Wirkstoffe. Hier hatte Evotec vor einem Jahr einen Standort in den USA in Redmont in Betrieb genommen, die zweite entsteht am französischen Standort Toulouse. Das kostet zunächst alles Geld.

Unter dem Strich stand für die Aktionäre von Evotec ein Minus von 101 Millionen Euro, nachdem vor einem Jahr noch ein Gewinn von fast 113 Millionen erzielt worden war. Wesentlicher Grund: Der Konzern musste auf seine britische Beteiligung Exscientia viel Geld abschreiben. Vor einem Jahr hatte Evotec nach einer erfolgreichen Finanzierungsrunde des Unternehmens vor dem Börsengang des Unternehmens noch einen hohen Buchwertzuwachs erzielt. Seit dem Gang an die Börse vergangenen Herbst hat der Exscientia-Kurs aber auch im Sog der Schwäche von Tech-, Biotech- und Wachstumswerten deutlich nachgegeben.

Analystin Zoe Karamanoli von der britischen Bank RBC reagierte enttäuscht auf die Resultate. Zwar habe der Umsatz im ersten Halbjahr etwas über der durchschnittlichen Markterwartung gelegen, das bereinigte operative Ergebnis liege aber dennoch darunter. Die Frage sei nun, warum die Beiträge der US-Tochter Just-Evotec Biologic sich eher träge entwickelten und wie Evotec die für 2025 gesteckten Ziele erreichen wolle. So erscheine das Ziel eines bereinigten operativen Ergebnisses von mindestens 300 Millionen Euro ambitioniert.

Das Management zeigte sich in der Telefonkonferenz mit Analysten indes zuversichtlich, das Ziel zu erreichen und verwies dabei auch auf das Timing des Hochlaufens der neuen Standorte für Biologika in den USA.

Nach einigen Schwankungen sanken die Evotec-Aktien am Nachmittag zuletzt um 0,3 Prozent auf 25,04 Euro ab. Damit stabilisierten sie sich etwas nach einem Vortagesminus von mehr als acht Prozent. Zur Wochenmitte hatte sich Analyst James Quigley von der Bank Morgan Stanley skeptisch zu den Profitabilitätsaussichten geäußert. Am Markt würden die Folgen der aktuell hohen Forschungsinvestitionen sowie die des Hochfahrens der Biologika-Produktion unterschätzt, hatte der Experte gesagt. Es werde wohl bis 2024/25 dauern, bis die Gewinnentwicklung wieder in Schwung komme. Im laufenden Jahr hat die Evotec-Aktie rund 40 Prozent eingebüßt./mis/jcf/he