Die Mitteilung der Fielmann AG (WKN: 577220 / ISIN: DE0005772206), dass der Gewinn im ersten Halbjahr um 6 Prozent gefallen sein soll, traf die Börsianer zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Gewinnwarnungen im Leuchtmittelsektor hatten eh schon für Unruhe gesorgt, da kam diese Meldung zur Unzeit. Die Reaktion war ein zweistelliges Minus – hoffnungslos überdreht in dieser aktuellen Marktlage. Ein Grund die Fakten etwas zu sortieren.

Das Geschäft mit der Sehschwäche ist ein Deutschland relativ einfach. Nach dem Augenarzt folgt in der Regel sofort der Gang zur nächsten Fielmann-Filiale. Jede zweite Brille im Land wird von Fielmann verkauft und das mit 597 Filialen in Deutschland (Konzernweit: 723). Deutschlandweit gibt es laut dem Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen 11.700 augenoptische Fachgeschäfte. Diese verkauften im Jahr 2017 rund 12,74 Millionen komplette Brillen. Der gesamte Branchenumsatz lag 2017 bei 6,12 Mrd. Euro.

Zum Vergleich der Fielmann-Konzern (82 Prozent der Filialen sind in Deutschland): Mit den dort 8,1 Millionen verkauften Brillen wurde ein Jahresumsatz von 1,39 Mrd. Euro erzielt. Wie das geht? Fielmann-Niederlassungen erwirtschaften den fünf- bis zehnfachen Umsatz eines Durchschnittsoptikers, in der Spitze den zwanzig- bis fünfzigfachen Umsatz. Die Fielmann Supercenter in den Metropolen stehen für 4 bis 20 Mio. Euro Jahresumsatz.

Kommen wir zu den aktuellen Halbjahres-Zahlen: Der Brillenabsatz wurde um 1 Prozent auf 4,05 Millionen Brillen gesteigert. Der Marktanteil bei Brillen, Kontaktlinsen und Hörsystemen konnte so ausgeweitet werden. Dadurch wurde ein Konzernumsatz von 711 Mio. Euro (+2 Prozent) erzielt. Allerdings ging der Vorsteuergewinn um 6 Prozent auf etwa 116 Mio. Euro zurück – so die erste Prognose des Konzerns. Berichte, die in diesem Zusammenhang von einem „Gewinneinbruch“ sprechen, sind reiner Alarmismus.

Rückläufige Gewinne sind nie gut, aber es kommt ja immer auf die Gründe an – zumal Fielmann an seiner Gesamtjahresprognose festhält, wonach bei Absatz und Konzernumsatz 2018 mit einem Wachstum wie im Jahr 2017 (+1,5 Prozent bzw. +3,6 Prozent) zu rechnen ist. Das Ergebnis vor Steuern wird seitens Fielmann auf Vorjahresniveau (248,6 Mio. Euro) gesehen. Es fehlen derzeit also noch rund 133 Mio. Euro. Warum das nicht machbar sein sollte, ist derzeit nicht abzusehen.

Denn: Fielmann ist Marktführer und Trendsetter. Mit seinen entsprechend gut ausgebildeten Mitarbeitern hat er das Potenzial entsprechende Erlöse zu machen. Er setzt dabei auf gutes Personal, denn die Generation 60+, die vor allem in Innenstadt-Filialen einkauft, setzt auf Kompetenz. Dessen Qualität kann sich Fielmann nur durch eigene Aus- und Weiterbildung sichern. Übrigens halten offenbar 85 Prozent aller Fielmann-Angestellten auch Fielmann-Aktien – so zumindest der Geschäftsbericht. Und in diesem Zusammenhang muss man auch die 10 Mio. Euro mehr Personalkosten sehen, die Tarifabschlüsse in diesem Jahr machen eben auch vor Deutschlands größtem Optiker nicht halt.

Bleibt der Blick in die Zukunft. Neben der DACH-Region blickt Fielmann derzeit nach Italien. Dort wird die Expansion beschleunigt. Die Zahl der bisher 12 Niederlassungen soll bis Jahresende auf 18 steigen. Auch das ist mit Vorlaufkosten (rund 2 Mio. Euro) verbunden. Apropos DACH: Die Währungskursentwicklung des Schweizer Franken belastet sowohl den Segmentumsatz mit mehr als 6 Mio. Euro als auch das Ergebnis vor Steuern mit mehr als 2 Mio. Euro.

Wichtigster Zukunftsfaktor ist das Thema Digitalisierung. Während viele Kritiker glauben, dass Fielmann den Online-Konkurrenten „Mister Spex“ kopieren müsste, haben das Geschäftsprinzip von Fielmann nicht verstanden – es geht ja gerade um die persönliche Betreuung und Beratung. Das kann Mister Spex nicht bieten und muss auf fremde Partnerfilialen zurückgreifen. Wäre das Online-Geschäftsmodell so lukrativ, wären die Wachstumszahlen von Fielmann deutlich geringer und Mister Spex wäre schon längst von Amazon übernommen worden. Mit Sicherheit wird es in der Zukunft auch ein Online-Angebot von Fielmann geben, dass der internet-affinen Kundschaft das Online-Anprobieren von Brillen ermöglicht, mit dem entsprechenden Service vor Ort. Der Sohn von Firmengründer Günther Fielmann, Marc Fielmann, der seit kurzem zusammen mit seinem Vater den Konzern führt, hat hierfür ein Händchen und wird das mit Sicherheit vorantreiben. Die zusätzliche Ergebnisbelastung beläuft sich laut Fielmann im ersten Halbjahr auf etwa 2 Mio. Euro.

Die Chancen der Digitalisierung liegen aber meines Erachtens weniger im Online-Shopping, sondern in der Produktion. Brillengestelle aus dem 3D-Drucker. Gläser, die nicht mehr zeitaufwendig in Asien oder Osteuropa produziert und geschliffen werden müssen, sondern kostengünstig vor Ort hergestellt werden können bzw. zumindest weiterverarbeitet werden können.

Last but not least wird man mit Brillenriese Luxottica (WKN: 592587 / ISIN: IT0001479374), der durch die Essilor-Übernahme auch im Bereich Gläser zur Nummer Eins wird, nur über gewaltige Absatzmengen zu entsprechenden günstigen Einkaufspreise bei den Markengestellen überein kommen. Insofern ist Wachstum ein ebenso wichtiger Faktor für den Erfolg von Fielmann.

FAZIT. Die Lage bei Fielmann ist weniger dramatisch, als der gestrige Kurssturz vermuten lässt. Für Langfristinvestoren bietet sich hier eher die Chance die Aktie zu Kursen von 2016 einzusammeln. Auf fundamentaler Ebene betrachtet ist das KGV von über 30 sicher nicht günstig, aber das spielt für einen Marktführer nicht die erste Geige. Bei der Dividende wiederum von zuletzt 1,85 Euro bietet die Aktie aktuell eine Dividendenrendite von 3 Prozent.

Im übrigen sollte man sich auch vor Augen führen. Je unsicherer die Weltlage, umso eher konzentrieren sich die Menschen auf sich selbst. Davon profitiert der Kosmetikhersteller ebenso wie der Optiker – das als Gedanke zum Schluss. Wer dennoch auf einen weiteren Kursrückgang von Fielmann setzen will, kann dies bspw. mit diesem HVB Mini Future Bear (WKN: HU5Z72 / ISIN: DE000HU5Z723) tun.

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Bildquelle: markteinblicke.de