Von Dan Gallagher

LONDON (Dow Jones)--Der Produktionsengpass, der den Markt für Automobilchips aktuell plagt, ist eine Kombination aus neuen und alten Problemen, von denen keines einfach gelöst werden kann.

Ford Motor war vergangene Woche der letzte Autohersteller, der die Auswirkungen zu spüren bekam. Das Unternehmen teilte am Donnerstag mit, die Produktion im ersten Quartal wegen des Chipmangels um bis zu 20 Prozent zu kürzen. Der Rivale General Motors hatte einen Tag zuvor angekündigt, die Produktion in den nordamerikanischen Werken aus dem gleichen Grund zu drosseln. Volkswagen hatte bereits im Dezember vor dem Problem gewarnt, das sich auf alle Automobilhersteller auswirkt, die Chips zur Steuerung von Infotainmentsystemen, Energiemanagement und Systemüberwachung benötigen.


   Kaum Umsatz mit Autobranche 

Hintergrund der Probleme sind Entscheidungen, die sowohl in jüngster Vergangenheit als auch in der Ferne liegen. Ein plötzlicher Einbruch der Verkaufszahlen veranlasste die Autohersteller, die Bestellungen von Komponenten zu Beginn der Pandemie zu reduzieren. Dann erholte sich die Nachfrage zu einem unglücklichen Zeitpunkt, als die Chiphersteller an der Kapazitätsgrenze arbeiteten, um Komponenten für stark nachgefragte und hochpreisige Produkte wie die neueste Generation von iPhones und Chips für künstliche Intelligenz in Rechenzentren zu produzieren.

Der Branchenriese Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) erklärte anlässlich der Quartalsmitteilung im Januar, dass der Automobilmarkt nur 3 Prozent seines Umsatzes im vierten Quartal ausmachte, verglichen mit 51 Prozent für Smartphones und 31 Prozent für Hochleistungs-Computerchips.


   Kampf um Produktionsfläche - was bringt die höchste Rendite? 

TSMC teilte in der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen auch mit, dass die Verbesserung der Produktion für Auto-Chips nun die "Top-Priorität" sei. Aber die harte Realität ist, dass Chips für Autos mit anderen Produkten, die einen viel höheren Ertrag generieren, um Produktionsfläche konkurrieren müssen.

Nvidia, ein wichtiger Kunde von TSMC, verkauft einige seiner neuesten Gaming-Prozessoren für mehrere hundert Dollar pro Stück. Im Gegensatz dazu werden viele der Mikrocontroller, die in den Autos rund um den Globus eingebaut werden, einen Dollar oder weniger kosten.

Doch selbst die Folgen bei billigen Chips können schwerwiegend - und am Ende kostspielig - sein. Stephen Sanghi, Chef des Auto-Chip-Zulieferers Microchip Technology, erklärte in einer Telefonkonferenz vergangene Woche, dass "ein 1-Dollar-Teil die Auslieferung eines 40.000-Dollar-Autos verhindern kann."


   Hohe Abhängigkeit von TSMC 

Der Aufbau von Chipfabriken dauert in der Regel mehr als zwei Jahre. Die rasant steigenden Kosten für deren Bau und Ausstattung haben zudem dazu geführt, dass immer mehr Halbleiterunternehmen ihre Produktion auslagern. Renesas, NXP und Infineon-Cypress, die zusammen fast 80 Prozent des Automobilchip-Marktes ausmachen, nutzen alle TSMC für einen Teil ihrer Produktion. Die taiwanesische Firma produziert aktuell etwa 70 Prozent der Mikrocontroller-Einheiten, die in den Autos auf der ganzen Welt verwendet werden, schätzt Phil Amsrud von IHS Markit.

Der Engpass wird sich wohl irgendwann von selbst lösen. Experte Amsrud sagt voraus, dass sich die Situation allerdings nicht vor dem dritten Quartal dieses Jahres oder sogar noch später verbessern wird. Längerfristig könnte die Knappheit einige Chip-Unternehmen dazu veranlassen, ihre Outsourcing-Praktiken zu überdenken.

Im Moment müssen die Automobilhersteller jedoch mit dem auskommen, was sie beziehen können. In der Halbleiterfertigung gibt es nicht viele höhere Gänge.

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DJG/DJN/kla/smh

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February 09, 2021 11:00 ET (16:00 GMT)