WASHINGTON (dpa-AFX) - US-Präsident Joe Biden inszeniert sich üblicherweise gerne als Inbegriff von Anstand, Würde und Respekt - und in dieser Hinsicht als größtmöglichen Kontrast zu seinem Vorgänger Donald Trump. Am Montagabend (Ortszeit) reagierte Biden auf die unliebsame Frage eines Journalisten allerdings etwas weniger tugendhaft. Als der Reporter dem Präsidenten am Rande eines öffentlichen Auftritts in Washington die Frage zuwarf, ob die zunehmende Inflation im Land bei der Kongresswahl im Herbst eine politische Bürde sei, murmelte Biden - hörbar für alle, da sein Mikrofon noch angeschaltet war - und klar ironisch: Nein, Inflation sei ein Vorteil, "mehr Inflation". Mit Kopfschütteln und leicht verzogenem Gesicht schob Biden eine derbe Beleidigung nach: "What a stupid son of a bitch."

Im Englischen ist "son of a bitch" ein Schimpfwort, dessen unschmeichelhafte Palette an Bedeutungen weit reicht: von "Bastard", "Scheißkerl" oder "Kotzbrocken" bis hin zur sehr wörtlichen und eher ungebräuchlichen Übersetzung "Hurensohn". Im öffentlichen Vokabular von Präsidenten jedenfalls kommt der Begriff in der Regel eher nicht vor. Warum also Bidens heftige Reaktion?

Die dramatisch gestiegene Inflationsrate in den USA ist in der Tat ein großes politisches Problem für Biden und seine Demokraten mit Blick auf die Kongresswahl im November. Steigende Preise schaffen Unmut in der Bevölkerung. Das ist kein Geheimnis. Und: Der Fragesteller - Peter Doocy, ein Reporter des früher höchst Trump-treuen Fernsehsenders Fox News - konfrontiert den Präsidenten und dessen Sprecherin Jen Psaki regelmäßig mit unbequemen Nachfragen.

Doocy nahm Bidens Kommentar mit Humor. In einer Schalte mit seinem Sender kurz nach dem Vorfall sagte ein anderer Fox-News-Kollege spöttisch zu Doocy, er finde, der Präsident habe eigentlich Recht. Doocy entgegnete grinsend: "Ja, bis jetzt hat noch niemand einen Faktencheck dazu gemacht und gesagt, dass es nicht stimmt."

Der Präsident wiederum bemühte sich persönlich um Schadensbegrenzung. Biden habe Doocy kurz nach dem Vorfall selbst angerufen, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Dienstag. Die Botschaft des Präsidenten bei dem Anruf: Er habe es "nicht persönlich gemeint"./jac/DP/nas