BÜDELSDORF (dpa-AFX) - Der Kommunikationsdienstleister Freenet kann sich nach dem Aus für die Übernahme-Wünsche seiner Minderheitenbeteiligung Sunrise wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Nach soliden Ergebnissen in den vergangenen Quartalen soll das neue Geschäftsfeld Video und TV für Wachstum sorgen. Was beim Unternehmen sonst so los ist, was die Analysten sagen und wie sich die Aktie entwickelt:

WAS BEI FREENET LOS IST:

Bis Dienstag war Sunrise wohl das Top-Reizwort für den Freenet-Vorstand. Das schweizerische Unternehmen, an dem Freenet mit fast 25 Prozent beteiligt ist, wollte den Kabelnetzbetreiber UPC Schweiz übernehmen. Freenet hielt den Kaufpreis für überzogen und stemmte sich auch gegen eine dafür benötigte Kapitalerhöhung. Nachdem klar war, dass Freenet auf der für Mittwoch anberaumten Hauptversammlung eine Mehrheit gegen die Übernahme hätte versammeln können, wurde diese kurzfristig abgesagt. Im Interview mit Bloomberg gab der Sunrise-Chef daraufhin an, der Vertrag sei "tot".

Abseits davon entwickelt sich das Kerngeschäft von Freenet solide. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal leicht um 2,5 Millionen auf 699 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr an. Der operative Gewinn (Ebitda) blieb im selben Zeitraum stabil bei rund 108 Millionen Euro.

Für die Zukunft will Freenet vor allem den Markt für On-Demand-Video adressieren. Mit den Angeboten waipu.tv und Freenet TV bietet das Unternehmen im Rahmen von Abo-Modellen Zugang zu Inhalten genauso wie öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern. Durch Zukäufe hat Freenet sich die hierfür nötige Infrastruktur gesichert. Hierzu gehört ein Glasfasernetz und Funktechnik im Bereich DVB-T2 HD. Wann die Sparte einen großen Beitrag zum Gewinn liefern kann, ist noch nicht abzusehen. Am 7. November werden die Zahlen für das dritte Quartal bekannt gegeben.

Die Konkurrenz im Kerngeschäft Mobilfunk schläft derweil nicht. Die United Internet 1&1 Drillisch hat sich bei der Auktion der 5G-Lizenzen ihren Anteil gesichert und bereitet den Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes bis 2021 vor. Bisher bot der Konkurrent - genau wie Freenet - Mobilfunktarife an, ohne ein eigenes Netz zu besitzen. Kurzfristig dürfte dies den Mobilfunkmarkt jedoch nicht aus den Fugen heben. Bei 1&1 befasst man sich zunächst einmal mit der schwierigen Planung der Funkmast-Standorte und verweist darauf, dass beim Endkunden kurzfristig noch kein großer Bedarf an 5G besteht.

WAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

In einer Mitte Oktober veröffentlichten Studie sah Simon Bentlage vom Analystenhaus Hauck & Aufhäuser bereits gute Chance für ein Scheitern der UPC-Übernahme. In diesem Fall könnte Freenet seine Anteile verkaufen, um mit dem Erlös Schulden abzubauen.

Ebenfalls positiv könne sich aus Sicht des Analysten das 5G-Engagement von 1&1 auswirken, da Freenet in Deutschland im Anschluss an dessen Netzaufbau als einziger reiner Mobile-Service-Provider ohne eigenes Netz zurückbleibe. Dies ermögliche dem Unternehmen in Zukunft Druck auf Vodafone auszuüben, um sich günstigere Konditionen beim Einkauf in deren Netz zu sichern.

Im neuen TV und Mediengeschäft dürfte Freenet laut Bentlage die selbst gesetzte Zielmarke von 350 000 Abos beim Streamingdienst Waipu mit dem dritten Quartal bereits überschritten haben. Daher behielt Bentlage seine positive Kaufempfehlung bei, die Zielmarke beließ er ebenfalls bei 28 Euro.

Ulrich Rathe von der Investmentbank Jefferies sah in der nun geplatzten UPC-Übernahme durch Sunrise bereits Anfang September ohnehin nur einen geringen Einflussfaktor. Der Analyst bezeichnete den Vorgang nur als Nebenschauplatz. Sein Urteil konzentrierte sich derweil eher auf die schlechte Marktlage im Bereich Mobilfunk, hier resultiere die gedrückte Stimmung in einem hohen Bewertungsabschlag. Er beließ sein Urteil trotzdem bei einer Kaufempfehlung und hob sein Kursziel von 23,40 auf 23,70 Euro an.

Von 13 im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten empfehlen 6 den Kauf, 4 würden das Papier halten und 3 es abstoßen. Die Kursziele weichen dahingehend stark voneinander ab - mit dem höchsten Wert bei 28 Euro und dem niedrigsten bei 15 Euro. Das durchschnittliche Kursziel ist 21 Euro, dies liegt nur knapp über dem aktuellen Kursniveau etwas über 20 Euro.

WAS MACHT DIE AKTIE:

Nachdem die Aktie Ende Januar 2018 mit rund 33 Euro fast an ihr Hoch im Jahr 2015 von 33,105 Euro herangekommen war, stürzte sie bis Ende des Jahres auf rund 16 Euro ab. Befeuert wurde der Kurssturz von mehreren negativen Äußerungen von Analysten, die Zweifel am Mobilfunkgeschäft des Konzerns hatten.

Eine Erholung bis Mai 2019 wurde jäh abgebrochen. Seitdem hat sich die Aktie wieder etwas erholt und liegt derzeit bei knapp über 20 Euro./ssc/men/he