(neu: Aussagen aus der Konferenz, Schlusskurse, weitere Details)

BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Der Gesundheitskonzern Fresenius erholt sich weiter von der Corona-Krise, ringt aber noch immer mit deren Belastungen. Im dritten Quartal stieg die Zahl der Behandlungen in den Fresenius-Kliniken, und auch das Geschäft mit Flüssigarzneien zog an. Die Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) reagiert mit dem Abbau von 5000 Stellen auf die Folgen der Pandemie, die viele chronisch kranke Nierenpatienten sterben lässt.

Mit der Konzentration auf zwei Segmente will FMC Doppelstrukturen abschaffen und die jährlichen Kosten bis 2025 um 500 Millionen Euro senken, wie der Konzern am Dienstag in Bad Homburg mitteilte. Während FMC sich vorsichtig für das Jahr zeigt, hob die Mutter Fresenius die Ziele leicht an.

Dem Fresenius-Konzern macht die Corona-Pandemie seit längerem zu schaffen. Die Angst vor einer Infektion hielt viele Menschen von einem Krankenhausaufenthalt ab, nicht zwingend medizinische Eingriffe mussten verschoben werden. Damit kamen auch weniger Medikamente der Flüssigarznei-Tochter Kabi zum Einsatz.

Und bei FMC führte die Pandemie zu einer Übersterblichkeit bei Nierenpatienten - die Zahl der Behandlungen in den Dialysezentren ging zurück. Die beiden Dax-Konzerne stehen an der Börse unter Druck von Investoren, insbesondere da FMC im Frühjahr Anleger mit einer Gewinnwarnung schockierte.

Am Dienstag ging es für Fresenius-Aktien als einer der Favoriten im Index deutlich nach oben. Die Papiere gingen mit einem Kursplus von 2,2 Prozent aus dem Handel. Für FMC-Anteile ging es nach der Veröffentlichung der Pläne zur Kostensenkung in der Spitze um rund viereinhalb Prozent hoch, bis zum Handelsschluss blieb noch ein Plus von knapp einem Prozent. Der Dialysekonzern bleibt an der Börse gleichwohl angeschlagen. Seit Jahresbeginn hat der Kurs mehr als 13 Prozent eingebüßt.

Der Klinik- und Medizinkonzern Fresenius habe solide und weitgehend wie erwartet abgeschnitten, schrieb Analyst David Adlington von der US-Bank JPMorgan. Der Experte zeigte sich derweil besorgt mit Blick auf die wohl etwas sinkenden Markterwartungen für die Dialysetochter FMC in den kommenden Jahren. Insofern blickt der Fachmann vorsichtig in die Zukunft, was weitere Kursanstiege der Fresenius-Aktien betrifft. Positiv hoben unterdessen gleich mehrere Branchenkenner die Entwicklung bei Kabi hervor.

Im dritten Quartal setzte sich zumindest bei Fresenius der Aufwärtstrend fort. Der Umsatz stieg um fünf Prozent auf gut 9,3 Milliarden Euro und der um Sondereinflüsse bereinigte Gewinn um zwei Prozent auf 435 Millionen Euro. Damit übertraf Fresenius die Markterwartungen.

In den rund 90 Krankenhäusern der Klinikgesellschaft Fresenius Helios in Deutschland gab es wieder mehr Eingriffe, während die Kliniken in Spanien bereits mehr Behandlungen verzeichneten als vor der Pandemie. Zugleich machte Kabi, der unter anderem Infusionen vertreibt, gute Geschäfte in Nordamerika und Schwellenländern. Auch Kabi ist für das Jahr nun optimistischer. Der Dienstleister Vamed kehrte in die schwarzen Zahlen zurück, der Auftragsbestand stieg zuletzt auf ein Rekordniveau.

Fresenius und FMC hatten bereits im Februar jeweils millionenschwere Sparprogramme angekündigt. Während etwa bei Kabi und der Helios erste Maßnahmen greifen, hatte die Überprüfung der Strukturen bei der Dialysetochter FMC sich länger hingezogen. Bei Fresenius soll das Programm bis zum Jahr 2023 jährliche Kosteneinsparungen von mehr als 100 Millionen Euro nach Steuern bringen. Hierfür investiert der Konzern im Gegenzug in diesem Zeitraum im Schnitt pro Jahr in ähnlicher Höhe, wobei der größte Teil der Aufwendungen in das kommenden Jahr fallen soll.

Für dieses Jahr wird Fresenius auch dank erster Effekte aus dem Sparprogramm zuversichtlicher: Der Umsatz soll im mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen statt wie bisher angepeilt im niedrigen bis mittleren Bereich. Das bereinigte Konzernergebnis erwartet Konzernchef Stephan Sturm am oberen Rand der Prognosespanne. Dabei seien die Annahmen weiter wegen der Entwicklung der Pandemie und mögliche Impffortschritte mit erheblicher Unsicherheit behaftet.

Im Schlussquartal dürfte noch Gegenwind durch die weltweit steigenden Rohstoff- und Transportkosten hinzu kommen, den Fresenius nicht so schnell über steigende Preise an die Kunden weitergeben könne, erläuterte Sturm in einer Telefonkonferenz mit Analysten.

Die Pandemie beeinträchtige Fresenius zwar länger und stärker als erwartet, sagte Sturm, der Konzern liege aber auf Kurs. FMC steht dagegen weiter stark unter Druck. Entgegen der ursprünglichen Hoffnungen des Managements ließ im dritten Quartal die Delta-Variante die Übersterblichkeit unter chronisch Nierenkranken wieder steigen. Tausende Dialysepatienten - viele ungeimpft - starben, weshalb der Konzern für Impfungen und "Boostern" wirbt.

Auch sind die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen für Patienten und Beschäftigte bei FMC hoch. Belastend hinzu kommen steigende Löhne. Während der Umsatz des Dialysespezialisten im vergangenen Quartal um ein Prozent auf 4,4 Milliarden Euro stieg, brach das Konzernergebnis um 22 Prozent ein.

Die Fresenius-Tochter rechnet inzwischen nur noch damit, jeweils den unteren Rand der Jahresprognosen zu erreichen. Diese sehen für das bereinigte Ergebnis ohne Berücksichtigung von Wechselkurs-Effekten einen Rückgang im hohen Zehner- bis mittleren Zwanziger-Prozentbereich vor. Für den Umsatz wird ein Plus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich erwartet.

Nun will sich der Dax-Konzern auf zwei globale Segmente konzentrieren: Produkte für Dialysezentren, Heimdialyse und Intensivmedizin sowie Gesundheitsdienste für chronisch Nierenkranke, das 80 Prozent der Umsätze ausmachen soll. Dadurch verabschiedet sich FMC von bisher regionalen Strukturen und bündelt unter anderem die Verwaltung sowie zentrale Dienste weiter.

Die neue Struktur soll im übernächsten Jahr stehen. Für das Programm fallen Einmalinvestitionen von 450 bis 500 Millionen Euro an. Erste Einsparungen unter dem Strich erwartet FMC bis Ende 2023, der Großteil der Sparmaßnahmen soll bis 2024 abgeschlossen sein.

"Wir wollen Fresenius Medical Care damit agiler machen, vorhandenes Know-how besser nutzen, Innovationen beschleunigen und unser Kapital noch gezielter und damit effizienter einsetzen", erklärte FMC-Chef Rice Powell. Wo die 5000 Stellen gestrichen werden und wie viele auf Deutschland entfallen, steht noch nicht fest, hieß es.

FMC mit gut 123 000 Beschäftigten betreibt weltweit etwa 4100 Dialysezentren und versorgt dort rund 345 000 Patienten. Bei Menschen mit Nierenversagen muss das Blut regelmäßig per Dialyse gereinigt werden. Zugleich ist FMC führender Anbieter von Dialyseprodukten wie Dialysegeräten, Dialysatoren und Einweg-Zubehör./tav/als/lew/jha/