Von Britta Becks

FRANKFURT (Dow Jones)--Wenn der Gesundheitskonzern Fresenius und seine Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) am Freitag ihre Ergebnisse für das zweite Quartal 2021 vorlegen, werden Anleger nicht zuletzt auf mögliche Einzelheiten zu den Effizienz- und Sparmaßnahmen schauen, mit denen sich die beiden DAX-Konzerne gegen die negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie stemmen wollen. Zwar wird die Konzernmutter Fresenius SE längst nicht so stark durch die Corona-Krise ausgebremst wie ihre größte Tochter FMC, dennoch müssen beide Bad Homburger Konzerne gegen die Folgen der Corona-Pandemie ansparen. Wie das aussehen könnte, haben Fresenius und FMC bereits grob skizziert.

Das zweite Quartal selbst dürfte keine allzu großen Überraschungen mit sich gebracht haben. FMC dürfte im abgelaufenen Quartal die Spitze der pandemiebedingten Belastungen gesehen haben.


   Worauf Investoren besonders achten werden: 

SPARMASSNAHMEN: Angesichts der Corona-Krise und deren Folgen müssen Mutter und Tochter nachhaltig auf die Kostenbremse treten. Wie bereits bekannt, will die Fresenius SE ab dem Jahr 2023 auf Nachsteuerbasis jährlich mindestens 100 Millionen Euro einsparen. Doch dies kostet zunächst Geld: Auf durchschnittlich 100 Millionen Euro nach Steuern und Anteilen Dritter beziffert Fresenius die jährlichen Aufwendungen für die Jahre 2021 bis 2023.

Für den Fall, dass die mit diesen Maßnahmen angepeilte höhere Profitabilität nicht in einer höheren Bewertung mündet, muss laut Fresenius-Konzernchef Stephan Sturm gegebenenfalls die Konzernstruktur auf den Prüfstand. Seiner Meinung nach wird die Konzernstruktur von Fresenius vom Kapitalmarkt nicht genügend wertgeschätzt, sondern vielmehr wegen ihrer Komplexität abgestraft. Die Analysten von Morgan Stanley geben allerdings zu bedenken, dass eben diese Komplexität, die per se nichts Schlechtes sei, Investoren viel Detailwissen über unterschiedlichste Themenbereichen wie Dialyse, Biosimilars, Medikamentenzulassungen, klinische Ernährung, Reproduktionsmedizin und den Krankenhaussektor in Deutschland, und damit zwangsläufig auch viel Zeit für Investitionsentscheidungen abverlange.

FMC hat bereits ein Effizienzprogramm namens FME25 initiiert, um die strategische Entwicklung voranzutreiben, die Profitabilität zu stärken und die negativen Ergebniseffekte infolge der Covid-19-Pandemie zu kompensieren. Bis 2025 will FMC bis zu 500 Millionen Euro in FME25 investieren. Ab dem Jahr 2025 erwartet FMC dann jährlich Einsparungen in Höhe der Investition. Der Dialyse-Dienstleister unterzieht sein globales Betriebsmodell einer umfangreichen Prüfung und optimiert seine Lieferketten. Konkretere Maßnahmen werden aber voraussichtlich erst im Herbst bekanntgegeben.

CORONA-FOLGEN: Insbesondere bei Fresenius Medical Care, dem einstigen Zugpferd des Fresenius-Konzerns, hat die Covid-19-Pandemie Spuren hinterlassen. So hatte FMC bereits Anfang des Jahres gewarnt, in diesem Jahr mit bis zu einem Viertel weniger Gewinn zu rechnen. Die Pandemie hat zunehmend Todesopfer in der vulnerablen Gruppe der Dialyse-Patienten gefordert.

Im ersten Quartal hatte die Fresenius Medical Care AG & Co KGaA die negativen Auswirkungen von Covid-19 auf das organische Wachstum im Bereich Gesundheitsdienstleistungen auf rund 3,5 Prozentpunkte beziffert. Obwohl die Übersterblichkeit von Dialyse-Patienten auf monatlicher Basis seit Februar zurückgehe, werde der Gesamteffekt zunächst weiter zunehmen, erklärte FMC Anfang Mai. Ihren Höchststand werde diese Entwicklung voraussichtlich im zweiten Quartal erreichen.

Vorstandsvorsitzender Rice Powell hatte jüngst in einem Zeitungsinterview gesagt, bis Juni nächsten Jahres mit Auswirkungen der Übersterblichkeit bei den Dialysepatienten zu rechnen. Erst in der zweiten Jahreshälfte dürfte die Sterblichkeit auf das normale Niveau zurückgehen. Er sei zuversichtlich, dass FMC vielleicht schon im dritten, aber spätestens im vierten Quartal dieses Jahres wieder wachsen wird. Zu normalen Wachstumsraten sieht Powell das Unternehmen aber erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 zurückkehren.

Die Muttergesellschaft Fresenius SE & Co KGaA hätte im Auftaktquartal ohne negative Covid-19-Effekte währungsbereinigt bis zu 4 Prozent mehr verdient. Berichten musste Fresenius schlussendlich ein Minus von 6 Prozent. Im zweiten Quartal dürfte sich dieser Effekt fortgesetzt haben. Fresenius hatte Anfang Mai erklärt, erst in der zweiten Jahreshälfte mit spürbaren Verbesserungen der Rahmenbedingungen in seinen wichtigsten Märkten zu rechnen. Allerdings dürften die Sparten Helios und Kabi erneut dazu beigetragen haben, dass die Muttergesellschaft Fresenius nicht so stark ausgebremst wurde wie ihre Dialyse-Tochter.

AUSBLICK: Sofern das zweite Quartal plangemäß verlaufen ist, dürften die beiden DAX-Konzerne an ihren Ausblicken für das Gesamtjahr nicht rütteln. Bislang rechnet FMC beim Konzernergebnis mit einem Rückgang im hohen Zehner- bis mittleren Zwanziger-Prozentbereich. Das Umsatzwachstum sieht FMC im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich.

Bei der Muttergesellschaft wird dieser Gewinneinbruch nur in abgeschwächter Form durchschlagen, da lediglich ein Drittel des FMC-Ergebnisses Eingang in das Konzernergebnis der Fresenius SE findet. Diese erwartet 2021 bisher mindestens eine in etwa stabile Entwicklung beim währungs- und um Sondereinflüsse bereinigten Nettogewinn sowie einen währungsbereinigten Anstieg des Konzernumsatzes im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich. Zudem geht Fresenius davon aus, dass das währungsbereinigte Konzernergebnis ohne Berücksichtigung der Ergebnisbeiträge von Fresenius Medical Care im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich wachsen wird.

Mittelfristig strebt Fresenius, wie bereits vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie angekündigt, im Zeitraum 2020 bis 2023 bislang ein durchschnittliches jährliches organisches Umsatzwachstum von 4 bis 7 Prozent an. Im gleichen Zeitraum soll der Nettogewinn pro Jahr im Schnitt um 5 bis 9 Prozent zulegen, mit einer Beschleunigung im Laufe der Periode. FMC hatte im Oktober vergangenen Jahres einen Mittelfrist-Ausblick bis 2025 ausgegeben, wonach der Umsatz währungsbereinigt und vor Sondereinflüssen im Schnitt pro Jahr um einen mittleren einstelligen Prozentsatz steigen soll und der Nettogewinn zeitgleich im hohen einstelligen Prozentbereich pro Jahr.

Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum zweiten Quartal 2021:


Fresenius SE & Co KGaA: 
=== 
.                                PROG  PROG  PROG 
2. QUARTAL                       2Q21  ggVj  Zahl    2Q20 
Umsatz                          9.060   +2%    14   8.920 
EBIT*                           1.013  -10%    14   1.123 
Ergebnis nach Steuern/Dritten*    444   +8%    14     410 
Ergebnis je Aktie*               0,79   +7%    10    0,74 
 
=== 
 
Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA: 
=== 
.                                PROG   PROG   PROG 
2. QUARTAL                       2Q21   ggVj   Zahl    2Q20 
Umsatz                          4.313    -5%     16   4.557 
EBIT                              435   -34%     16     656 
Ergebnis nach Steuern/Dritten     217   -38%     16     351 
Ergebnis je Stammaktie           0,74   -38%     16    1,20 
=== 

* vor Sondereinflüssen

- alle Angaben in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis je Aktie in Euro

- Bilanzierung nach IFRS

- Quellen: Angaben des Unternehmens, Prognosen von Vara Research

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/brb/mgo

(END) Dow Jones Newswires

July 29, 2021 23:45 ET (03:45 GMT)