BAD HOMBURG (awp international) - Beim Klinik- und Medizinkonzern Fresenius nimmt die Erholung von der Corona-Pandemie langsam Fahrt auf. Das Management um Konzernchef Stephan Sturm schaut daher etwas optimistischer in die Zukunft als bisher und hebt die Jahresziele an. Jedoch belasteten auch im zweiten Quartal weiter coronabedingte Einbussen bei der ebenfalls im Dax notierten Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC). An der Börse führte das zu deutlichen Verlusten bei beiden Titeln.

"Unsere Zwischenbilanz für das Geschäftsjahr 2021 fällt insgesamt sehr positiv aus", sagte Sturm am Freitag in Bad Homburg. "Unsere Geschäfte entwickeln sich gut und unsere Initiativen für profitables Wachstum und mehr Effizienz machen Fortschritte." Der Konzernlenker warnte aber auch vor Virusmutationen und wieder steigenden Corona-Zahlen. Die ursprüngliche Annahme des Unternehmens, dass die Rahmenbedingungen sich in der aktuellen Jahreshälfte verbessern dürften, sei zunehmend in Gefahr.

Die Hessen peilen nun für das um Sondereffekte und Währungseinflüsse bereinigte Konzernergebnis einen Zuwachs im niedrigen einstelligen Prozentbereich an. Zuvor wollte der Dax-Konzern das Ergebnis noch "mindestens in etwa stabil" halten. Die Umsatzprognose, laut der ein währungsbereinigter Anstieg im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich erwartet wird, bleibt unangetastet.

Am Markt kamen die Zwischenbilanzen jedoch nicht gut an. Analyst David Adlington von der US-Bank JPMorgan bescheinigte Fresenius zwar solide Quartalszahlen, doch die schwachen Kennziffern der Dialysetochter rissen auch die Aktie der Mutter mit nach unten: Fresenius-Anteile verloren zuletzt etwas mehr als vier Prozent, für FMC-Papiere ging es um sechs Prozent abwärts - damit landeten beide Werte am Ende des schwachen Dax. Bei FMC war das Ergebnis im vergangenen Jahresviertel deutlich stärker eingebrochen als erwartet, wie Analyst James Vane-Tempest von der US-Investmentbank Jefferies kommentierte.

Die Corona-Pandemie hat den sonst so erfolgsverwöhnten Fresenius-Konzern in seinen ursprünglichen Wachstumsambitionen kräftig ausgebremst. Sturm hatte im vergangenen Jahr die Ziele senken müssen. 2021 lastet insbesondere die schwache Entwicklung der Tochter FMC auf dem Konzern, die mit einem erheblichen Ergebnisknick in diesem Jahr rechnet.

Fresenius hatte daher im Frühjahr ein Bündel an Massnahmen angekündigt, das bis 2023 Ergebnisverbesserungen von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr bringen soll. Dazu zählen etwa niedrige Verwaltungs- und Einkaufskosten sowie eine optimierte Produktion. Auch FMC kündigte ein millionenschweres Sparprogramm an. Während sich jedoch beim Dialyseanbieter die Überprüfung des Geschäftsmodells noch hinzieht, greifen in den anderen drei Geschäftsbereichen nun erste Initiativen. Sie sollen 2021 erste Einsparungen bringen. Fresenius könnte sich dabei auch von Kliniken trennen: Man lege "einen Schwerpunkt auf die strategische Überprüfung des Krankenhausportfolios", hiess es nun.

Im zweiten Quartal konnte Fresenius den Umsatz um vier Prozent auf rund 9,2 Milliarden Euro steigern. Dabei profitierte der Konzern von deutlichen Zuwächsen im Krankenhausgeschäft. In den rund 90 Kliniken von Fresenius Helios in Deutschland zogen Behandlungen wieder an, die wegen der Pandemie verschoben worden waren. Besonders hoch war die Nachfrage in den Fresenius-Kliniken in Spanien, wo allerdings das Vorjahresquartal auch schwach gewesen war.

Der Flüssigmedizin-Anbieter Kabi konnte derweil mit einem Wachstum in Schwellenländern wie China zulegen und damit Belastungen wegen Preisdrucks in Nordamerika ausgleichen. Die Projekttochter Vamed, die Dienstleistungen für Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen erbringt, schaffte es erstmals seit einigen Quartalen wieder zurück in die schwarzen Zahlen. Hier lief das Reha-Geschäft wieder an, zudem wuchs der Auftragseingang im Projektgeschäft kräftig.

Konzernweit ging das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) um acht Prozent auf 1,03 Milliarden Euro zurück, massgeblich waren hier die Einbussen der Tochter FMC. Unter dem Strich verdiente Fresenius jedoch mehr: Das bereinigte Konzernergebnis stieg unter anderem wegen eines besseren Zinsergebnisses um 16 Prozent auf 474 Millionen Euro - im Vorjahr hatten sich zudem die Corona-Effekte negativ niedergeschlagen. Unbereinigt betrug das Plus 15 Prozent auf 471 Millionen Euro. Analysten hatten weniger auf dem Zettel.

Der Dialyseanbieter FMC litt indes weiter unter der Virus-Krise. Wenngleich die Covid-19-bedingte Übersterblichkeit von Dialysepatienten zuletzt etwas zurückging, beeinträchtigte die Pandemie weiterhin die Anzahl der Behandlungen im Dialysegeschäft und die Entwicklung in nachgelagerten Geschäftsbereichen, erklärte FMC-Chef Rice Powell. So seien die abgesetzten Volumina von Gesundheitsprodukten in den USA und das Apothekengeschäft deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Der Erlös sank im Vorjahresvergleich um fünf Prozent auf 4,3 Milliarden Euro, das operative Ergebnis brach um 35 Prozent auf 424 Millionen Euro ein. Unter dem Strich sackte der Gewinn um 38 Prozent auf 219 Millionen Euro. Allerdings hatte FMC im Vorjahresquartal unter anderem noch stark von staatlichen Corona-Hilfsgeldern in den USA profitiert. Auch lasten die in der Pandemie angezogenen Kosten etwa für Schutzausrüstung und Mehrvergütungen für Mitarbeiter auf dem Unternehmen.

FMC hatte die Anleger im Frühjahr daher auf einen deutlichen Ergebnisknick in diesem Jahr eingestellt. Der Dialyseanbieter rechnet für 2021 mit einem Rückgang im prozentual hohen Zehner- bis mittleren Zwanzigerbereich. Für die Dialysetochter sollen im Herbst Details zur Überprüfung des Geschäftsmodells folgen. Fresenius-Chef Sturm hatte aber auf der Hauptversammlung im Mai die Aufstellung des Konzerns verteidigt und Spekulationen über einen möglichen Verkauf des 32-prozentigen Anteils an FMC dementiert./tav/als/nas/zb