Von Mike Colias

NEW YORK (Dow Jones)--Die Autohersteller können sich im ersten Quartal über hohe Umsätze und Gewinne freuen. Doch sie müssen sich auf eine harte Fahrt vorbereiten, da der weltweite Mangel an Computerchips ein ansonsten günstiges Umfeld für den Autoverkauf eintrübt.

General Motors vermeldete einen nahezu rekordverdächtigen operativen Gewinn für Januar bis März, während Rivale Ford das beste Ergebnis seit Jahren erzielte. Jeep-Hersteller Stellantis berichtete über einen Umsatzanstieg von 14 Prozent und bestätigte seine frühere Prognose einer bereinigten operativen Marge für das Gesamtjahr von 5,5 bis 7,5 Prozent. Die Halbjahresergebnisse kommen dann im August.


   Produktionskürzungen 

Allen Unternehmen macht jedoch die Chipknappheit zu schaffen. Es gibt Produktionskürzungen in den Autofabriken. Produktion und Lagerbestände dürften bis zum Sommer noch mehr belastet werden, gerade wenn die US-Autokäufer in Scharen zu den Händlern kommen. Das bedeutet, dass Autokäufer in den kommenden Monaten wahrscheinlich weniger Optionen und Angebote vorfinden werden, sowohl bei Neu- und Gebrauchtwagen als auch bei Autovermietungen.

Die Verknappung in der Autoindustrie hat einen positiven Nebeneffekt: Rekordpreise. Händler und Autofirmen arbeiten mit einem so dünnen Bestand, dass sie die großzügigen Rabatte und Sonderangebote, mit denen sie normalerweise die Käufer locken, zurückhalten können.

Im ersten Quartal gab in den USA der durchschnittliche finanzielle Anreiz für Neufahrzeuge im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent nach, während der Durchschnittspreis laut den Marktforschern von JD Power einen Quartalsrekord von 37.314 US-Dollar erreichte.

Inzwischen seien die wirtschaftlichen Bedingungen für die Nachfrage nach Neufahrzeugen so günstig wie seit Jahren nicht mehr, sagen unisono Analysten und Führungskräfte. Es werden die Pandemie-Beschränkungen gelockert, staatliche Konjunkturmittel fließen und die Zinsen bleiben niedrig. Laut JP Morgan erreichte der Absatz von Neufahrzeugen im April saisonbereinigt den höchsten Stand seit mehr als 15 Jahren.


   Zweites Quartal dürfte besonders schwach ausfallen 

Da sich der Mangel bei Chips jedoch verschlimmert, haben die Automobilhersteller mehr Schichten in den Fabriken gestrichen. Während Führungskräfte aus der Automobilindustrie eine Verbesserung der Situation nach dem Juni sehen, drückt dies derzeit die Lagerbestände noch weiter. Es könnte das dämpfen, was sich als ein Prachtsommer in den US-Autohäusern anbahnte.

"Wir denken, dass das zweite Quartal das schwächste sein wird, und dann sehen wir eine Erholung kommen", dämpft GM-Chefin Mary Barra die Hoffnungen. "Wir arbeiten, wissen Sie, Chip für Chip, an den Problemen, um Lösungen zu finden."

Stellantis berichtete von einer 11-prozentigen Reduzierung der geplanten Produktion im ersten Quartal, entsprechend etwa 190.000 Fahrzeuge. Das Chipproblem zwingt den Autohersteller, die Fertigung im zweiten Quartal noch mehr zu reduzieren.

Laut Ford geht die Hälfte seiner geplanten Produktion für das zweite Quartal wegen der angespannten Chipversorgung verloren. Die Aktien des Unternehmens fielen um 9 Prozent, nachdem das Unternehmen eine Gewinnprognose für den Rest des Jahres 2021 abgegeben hatte, die die Investoren enttäuschte.


   Ford stärker betroffen als GM 

Zuletzt klagte Ford darüber, mindestens zwei weitere Wochen Stillstand oder eine eingeschränkte Produktion in mehreren Fabriken vornehmen zu müssen, die bereits seit Wochen geschlossen waren, darunter das Werk für den Geländewagen Explorer in Chicago und ein Werk in Kansas City. Ford muss auch sein Ranger-Pickup-Werk in der Nähe von Detroit in der zweiten Maihälfte stilllegen.

GM wollte seine Produktionskürzungen nicht quantifizieren, bestätigt aber, dass der Mangel an Chips im zweiten mehr als im ersten Quartal schmerzen wird.

Dennoch scheint klar zu sein, dass Ford stärker betroffen ist. Ford beziffert den Schaden für das Jahr auf etwa 2,5 Milliarden Dollar, GM auf 1,5 bis 2 Milliarden Dollar. Die Halbleiterknappheit hat Ford gezwungen, die Produktion in den beiden Werken, in denen der F-150 Pickup, der Bestseller und größte Umsatzbringer des Unternehmens, hergestellt wird, für mehrere Wochen zu reduzieren. In der Zwischenzeit konnten die wichtigsten GM-Fabriken für Pickup-Trucks und große SUVs fast normale Zeitpläne aufrechterhalten.


   Ausblicke im Blick 

Laut RBC-Analyst Joseph Spak verschreckt die Investoren der schwächere Ausblick von Ford. Sie warteten auch darauf, ob GM seine Gewinnprognose nunmehr herunterschraubt. "Unterm Strich scheint GM besser durchzukommen", schreibt er in einer Notiz. Zehntausende von Fabrikarbeitern wurden für Wochen oder sogar zwei Monate freigestellt, da die Autohersteller Schichten gestrichen haben. Die Unternehmen zahlen ihnen reduzierte Löhne nach den Bedingungen ihrer Verträge mit der United Auto Workers.

GM-Chefin Barra zeigte sich zuversichtlich, dass GM den oberen Bereich seiner ursprünglichen Prognose für den Vorsteuergewinn 2021 von 10 bis 11 Milliarden Dollar erreichen könne. Die Prognose von Ford liegt bei 5,5 bis 6,5 Milliarden Dollar.

Die Aktien befinden sich seit Jahresbeginn auf der Überholspur. GM-Aktien verbesserten sich um 33 Prozent. Auch für die Ford-Aktie ging es - Halbleiterknappheit hin oder her - bereits um 30 Prozent aufwärts. Der S&P-500 hat gerade einmal 11 Prozent Plus eingefahren.

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May 06, 2021 05:47 ET (09:47 GMT)