FRANKFURT (dpa-AFX) - Viele Aktionäre von Gerry Weber haben ihre arg strapazierte Geduld mit dem krisengeschüttelten Modekonzern nach einer Gewinnwarnung endgültig verloren. Sie flohen am Donnerstag in Scharen aus den Papieren. Auch wenn die ebenfalls vorgelegten Quartalszahlen laut Analysten besser als erwartet ausgefallen waren, sehen diese die Zukunft für Gerry Weber allgemein eher düster.

Die Aktien brachen zum Handelsstart zeitweise prozentual zweistellig ein und fielen mit 6,11 Euro auf den tiefsten Stand seit September 2005. Am späteren Vormittag erholten sie sich etwas und kosteten zuletzt 6,46 Euro, was ein Minus von 6,92 Prozent bedeutete.

Die Zeiten, als die Papiere noch von Rekord zu Rekord eilten bis sie ziemlich genau vor vier Jahren ihren Höchststand bei etwas über 39,50 Euro erreicht hatten, sind lang schon vorbei. Seit Juni 2014 ging es fast ausnahmslos abwärts, wobei der Rauswurf aus dem SDax im März dieses Jahres einen weiteren Schlag bedeutete. Denn damit sind sie aus dem Fokus derjenigen institutionellen Investoren gefallen, die in Aktien unterhalb des SDax nicht mehr investieren dürften.

Analyst Mark Josefson von der Equinet Bank senkte nach der Gewinnwarnung sein bisher neutrales Anlageurteil auf "Reduce" und monierte vor allem, dass die Umsätze in der Großhandelssparte verfehlt wurden. "Das lässt vermuten, dass der Handel allgemein skeptisch ist mit Blick auf die Marke Gerry Weber und dass es tiefgreifende Probleme mit den Kollektionen gibt."

Die ebenfalls veröffentlichten Ergebnisse des zweiten Geschäftsquartals seien zwar besser als erwartet ausgefallen und der Konzernumbau beginne sich offenbar endlich auszuzahlen, erklärte Commerzbank-Analystin Sabrina Taneja. "Es bleibt aber abzuwarten, ob diese Ergebnisverbesserungen nachhaltig sind", bleibt sie misstrauisch. "Es wird nicht einfach für Gerry Weber, eine echte Trendwende zu vollziehen, vor allem wenn die Umsätze der Kernmarke weiter so rapide sinken."

Zudem komme die nach dem 'Fit4Growth'-Programm nun angekündigte Digitalisierungsoffensive vier Jahre zu spät, so Jürgen Kolb von Kepler Cheuvreux. Wettbewerber hätten in diesem Bereich bereits strategische Initiativen ergriffen. Zudem ist der Experte skeptisch, ob solch ein Wandel im Geschäftsmodell in den kommenden Jahren erreicht werden kann. "Das Management hat es verpasst, die dafür wesentlichen Anpassungen bereits Jahre zuvor anzugehen."/ck/mis/zb