BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Beim krisengeschüttelten Leasingspezialisten Grenke kehrt weiter keine Ruhe ein. Die mehrjährige Chefin Antje Leminsky nimmt überraschend ihren Hut. Die Managerin habe sich aus persönlichen Gründen entschieden, das Unternehmen zum 30. Juni zu verlassen, teilte der Konzern am Montagabend mit. An der Börse sorgte die Nachricht am Dienstag für Enttäuschung, die Aktie geriet unter Druck.

Leminsky verlässt das Unternehmen nach acht Jahren im Vorstand, davon drei Jahre als Vorstandsvorsitzende. Ihr Nachfolger wird zum 1. August Michael Bücker, zuletzt Mitglied des Vorstands der Bayerischen Landesbank. Während der Übergangsphase greifen laut Mitteilung die Vertretungsregelung innerhalb des Vorstands.

"Der Aufsichtsrat dankt Frau Leminsky für ihre wertvolle Arbeit in den letzten Jahren. Wir bedauern sehr, dass sie Grenke verlassen wird", wurde Aufsichtsratschef Ernst-Moritz Lipp zitiert. Die Noch-Vorstandchefin sprach davon, nach dem uneingeschränkten Testat von KPMG, dem "achtbaren" Geschäftsverlauf in den ersten Monaten des Jahres 2021 und der nunmehr abgeschlossenen aufsichtlichen Prüfungen eine neue Herausforderung annehmen zu wollen.

"Ein für Grenke und auch für mich persönlich entscheidender Meilenstein ist erreicht", schrieb Leminsky in einem Brief an die Belegschaft, welcher der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX vorliegt. "Er hat mich noch einmal darüber nachdenken lassen, ob meine Lebensplanung nach wie vor die ist, die sich seit einiger Zeit in meinem Kopf formiert." Leminsky sprach weiter von einem womöglich überraschenden Schritt und Zeitpunkt für den Rücktritt." Nach all dem, was wir gemeinsam erreicht haben, ist ein solcher Schritt nicht selbstverständlich. Aber er ist richtig."

An der Börse sorgte der Rückzug der Managerin indes für Verwunderung. "Dass Frau Leminsky das Unternehmen so plötzlich verlässt, wirft Fragen auf", merkte ein Händler an. Die Grenke-Aktie rutschte zeitweise um gut viereinhalb Prozent ab, zuletzt lag das Papier noch mit knapp 2,1 Prozent im Minus bei 36,57 Euro.

Im vergangenen September hatte der Leerverkäufer Viceroy Research schwere Anschuldigungen rund um Bilanzen und Geschäftsgebaren der Firma erhoben und die Aktie damit auf Talfahrt geschickt. Zeitweise hatte die Aktie nur noch knapp 24 Euro gekostet. Zwar hat das Papier inzwischen wieder deutlich aufgeholt, doch der Rekord aus dem Jahr 2018 bei mehr als 107 Euro ist weit entfernt. Aktuell notiert die Aktie in etwa auf dem Niveau von April 2015.

Grenke hatte nach dem Bekanntwerden der Viceroy-Vorwürfe mehrere Sonderprüfungen in Auftrag gegeben, die sich mit den Anschuldigungen befassten. Bereits im Dezember hatte sich der Konzern nach einer Stellungnahme der vom Unternehmen beauftragten Prüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton (WKGT) teilweise entlastet gesehen. Im Februar sorgte auch die Sonderuntersuchung der Finanzaufsicht Bafin durch die Prüfungsgesellschaft Mazars mit einem Zwischenergebnis für Erleichterung, auch wenn die Prüfer einige Mängel rügten. Im Mai bekam der Konzern dann auch von seinem regulären Buchprüfer KPMG das uneingeschränkte Testat für seinen Konzernabschluss 2020.

Die Arbeiten am Prüfungsvermerk hatten sich dabei jedoch weit hinausgezögert und sogar Grenkes Rausschmiss aus dem Kleinwerteindex SDax nach sich gezogen - wegen eines Regelverstoßes. Das Endergebnis der Bafin-Sonderuntersuchung lässt wegen nötiger Abstimmungen auch noch auf sich warten.

Mit Leminskys Rücktritt dreht sich das Personalkarussell bei Grenke erneut: Da die eingeleiteten Untersuchungen auch Mängel zutage gefördert hatten, hatte der zuständige damalige Konzernvorstand Mark Kindermann daraufhin seinen Posten geräumt. Leminsky selbst hatte die Zuständigkeit über die interne Revision übernommen, zudem hatte der Konzern eine eigene Risikochefin an Bord geholt./tav/men/jha/