München (Reuters) - Die Corona-Pandemie und ihre Folgen werden den Gewinn der Hannover Rück in diesem Jahr voraussichtlich um mehr als ein Drittel dezimieren.

Der drittgrößte Rückversicherer der Welt veranschlagt die Schäden, für die er geradestehen muss, auf inzwischen 860 Millionen Euro, das sind knapp 200 Millionen mehr als bisher. "Im vierten Quartal könnten für Covid-19 weitere Rückstellungen notwendig werden", sagte der neue Finanzvorstand Clemens Jungsthöfel am Mittwoch in Hannover. Die zweite Welle von Ausgangsbeschränkungen werde sich aber deutlich geringer in den Büchern niederschlagen als die erste. Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz rechnet für das laufende Jahr nun mit einem Nettoergebnis von mehr als 800 Millionen (2019: 1,28 Milliarden) Euro. 2021 soll wieder ein Milliardengewinn zu Buche stehen. Das trieb die Hannover-Rück-Aktie gegen den Markttrend nach oben.

Nach neun Monaten lag der Gewinn mit 668 Millionen Euro um genau ein Drittel unter Vorjahr, aber klar über den Prognosen der Analysten. Damit schlägt sich Hannover Rück in der Corona-Krise deutlich besser als die größeren Konkurrenten Münchener Rück und Swiss Re. Die Schweizer schrieben in den ersten drei Quartalen fast 700 Millionen Dollar Verlust, bei Marktführer Münchener Rück brach der Gewinn um 60 Prozent ein.

Der größte Teil der Corona-Belastungen entfällt bei der Hannover Rück mit 700 Millionen Euro auf die Schaden-Rückversicherung, die vor allem für erzwungene Produktionspausen und den Ausfall von Großveranstaltungen zahlen muss. In der Kreditversicherung droht bei einer Häufung von Firmenpleiten noch ein dickes Ende, doch hat Jungsthöfel dafür vorgesorgt. Bisher seien noch kaum Ausfälle zu verzeichnen. In der Personen-Rückversicherung spürt Hannover Rück die Krise vor allem in den USA, wo die Zahl der Todesfälle mit am höchsten ist. Die Übersterblichkeit infolge der Pandemie liege dort bei rund 20 Prozent. "Ein Stück weit überträgt sich das in unseren Bestand", sagte der Finanzchef. Insgesamt hat die Hannover Rück ihr Budget für Großschäden bisher um 400 Millionen Euro überzogen - und die Hurrikan-Saison ist noch im Gange.

Eine Dividende von 4,00 Euro je Aktie sieht Hannover Rück trotz des Gewinneinbruchs als gesichert an. Große Fragezeichen stehen aber hinter der üblichen Sonderdividende, die 2019 bei 1,50 Euro gelegen hatte. Für die Ausweitung des Geschäfts, die die Talanx-Tochter angesichts steigender Preise plant, brauche sie Kapital, machte Jungsthöfel den Aktionären wenig Hoffnung. 2020 sollen die Bruttoprämien um bis zu zehn, 2021 um etwa fünf Prozent wachsen.

Im nächsten Jahr will sich Hannover Rück mit einem Gewinn von 1,15 bis 1,25 Milliarden Euro trotz eines höheren Budgets für Großschäden und schrumpfender Kapitalerträge wieder an das Vorkrisen-Niveau heranpirschen. Die Prognose sei "typischerweise vorsichtig", schrieb Jefferies-Analyst Philip Kett.