Berlin (Reuters) - Schnellere Lieferungen, eine größere Auswahl an Gerichten und mehr Fertigessen - so will der Kochboxen-Anbieter HelloFresh sein in der Corona-Pandemie boomendes Geschäft in neue Höhen schrauben.

Mittelfristig solle der Jahresumsatz auf zehn Milliarden Euro steigen, nannte Firmenchef und -gründer Dominik Richter am Donnerstag Investoren auf dem Kapitalmarkttag seine Ziele. Im laufenden Jahr will HelloFresh den Umsatz auf mehr als 3,6 Milliarden Euro verdoppeln. Erst am Mittwochabend hatte der Branchenprimus aus Berlin seine Umsatz- und Gewinnerwartungen für 2020 zum vierten Mal erhöht. Auch im nächsten Jahr rechnet der Lieferdienst mit einem ordentlichen, wenn auch geringerem Umsatzwachstum.

Die hochfliegenden Pläne sorgten auch an der Börse für gute Stimmung: HelloFresh-Aktien stiegen am Donnerstag in der Spitze um mehr als zehn Prozent. Allein in diesem Jahr hat die Aktie damit mehr als 180 Prozent zugelegt.

Der Anbieter von Lebensmitteln in Kochboxen, die im Abomodell mit Rezepten und abgemessenen Zutaten direkt an die Haustür geliefert werden, profitiert von der Corona-Pandemie mit geschlossenen Restaurants, Ausgangsbeschränkungen und dem Trend zum Homeoffice. Richter erläuterte die Strategie: In bestehenden Märkten soll die Zahl der Kunden mittelfristig verdoppelt werden - durch schnellere Lieferungen und einer Ausweitung des Repertoires von derzeit 30 verschiedenen Gerichten: "Bis 2025 wollen wir mehr als 100 Gerichte im Angebot haben, um alle Kunden unabhängig von ihrer Ernährung und ihrem Lebensstil zufriedenzustellen." Auch Fertiggerichte würden künftig eine größere Rolle spielen. Damit erschließe sich eine vollkommen neue Kundschaft, die "überhaupt nicht kochen möchte", sagte der für das operative Geschäft zuständige Manager Ed Boyes. Erst kürzlich hat HelloFresh den Fertiggerichte-Anbieter Factor75 in den USA übernommen.

Darüberhinaus will HelloFresh, das derzeit in 14 Ländern aktiv ist, in neue Märkte expandieren - jährlich in ein bis zwei. Geplant sei auch, das Geschäft mit den in den USA bereits verfügbaren Marken wie dem günstigeren Everplate-Angebot auszubauen. HelloFresh zum Ziel gesetzt, nicht mehr nur für das Abendessen auf den heimischen Tischen zu sorgen, sondern verstärkt in andere Produktkategorien wie Mittagessen mit Suppen und Salaten einzusteigen. In Belgien hat das Unternehmen inzwischen HelloFresh Market eingeführt und bietet dort 70 verschiedene Produkte von Desserts bis zu Backwaren an. Richter deutete an, das Portfolio in anderen Ländern ähnlich ausbauen zu wollen und zeigte sich auch offen für weitere Akquisitionen.

PROGNOSE VIER MAL ANGEHOBEN IN 2020

Für das Gesamtjahr 2020 hat das Unternehmen seinen Ausblick inzwischen vier Mal nach oben geschraubt. Der Umsatz soll währungsbereinigt um 107 bis 112 Prozent steigen. Das macht sich auch unter dem Strich bemerkbar: Die bereinigte Umsatzrendite vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (AEbitda-Marge) soll 12,5 bis 13,5 Prozent erreichen. Für das neue Jahr plant HelloFresh währungsbereinigt mit einem Umsatzzuwachs zwischen 20 und 25 Prozent und einer bereinigten operativen Rendite von neun bis zwölf Prozent. Im kommenden Jahr werde wieder mehr Geld ins Marketing gesteckt als im Covid-Jahr 2020, kündigte Finanzchef Christian Gärtner an. Geplant sei, zwischen 130 und 150 Millionen Euro zu investieren. Mittelfristig solle die operative Rendite zwischen 10 und 15 Prozent liegen.