FRANKFURT (dpa-AFX) - Beim Konsumgüterkonzern Henkel sorgt die Pandemie für Bremsspuren. Zuletzt zeigten sich die Düsseldorfer wieder etwas zuversichtlicher. Die Frage ist jedoch, wie sich die neuerlichen Lockdowns zum Jahresende auf das Geschäft ausgewirkt haben. Und wie Henkel in die nähere Zukunft blickt. Denn bereits vor Corona hatte das Unternehmen mit Problemen zu kämpfen. Was bei Henkel los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI HENKEL:

Nachdem die Corona-Krise bei Henkel vor allem im ersten Halbjahr spürbar auf Umsatz und Ergebnis gedrückt hatte, war die Zuversicht danach wieder gestiegen. Die Delle wird Henkel 2020 jedoch nicht mehr ausgebügelt haben können. Dazu kamen die Unsicherheiten im vierten Quartal, in dem die Beschränkungen des öffentlichen Lebens wieder deutlich zugenommen hatten. So mussten etwa die Friseure wieder schließen, was Henkel belastet haben dürfte. Wie Konkurrent Beiersdorf dürfte sich dagegen das Geschäft mit Industrieklebstoffen weiter erholt haben. Henkel will am Donnerstag (4. März) über die Zahlen berichten.

Im dritten Quartal hatten die Düsseldorfer wieder Tritt gefasst. Zwar lag der Umsatz mit 5 Milliarden Euro 1,5 Prozent unter Vorjahresniveau. Doch war das Henkel zufolge vor allem auf Wechselkurseffekte zurückzuführen. Aus eigener Kraft wuchs der Konzern um fast 4 Prozent. Dazu trugen alle Bereiche bei. So hatte die größte Sparte des Konzerns, das Klebstoffgeschäft, in der Krise zunächst stark unter dem Rückgang der Industrie- und Automobilproduktion gelitten. Henkel zufolge erholte sich die Sparte im Vergleich zum Vorquartal. Auch das Kosmetikgeschäft mit Marken wie Schwarzkopf und Fa zog an. Zuvor hatte die wochenlange Schließung vieler Friseursalons bei Henkel auf die Erlöse gedrückt. Weiterhin gut lief das Geschäft mit Wasch- und Reinigungsmitteln.

Henkel erwartet für 2020 einen organischen Umsatzrückgang von bis zu zwei Prozent. Im Jahr zuvor hatte der Konzern Erlöse von 20,1 Milliarden Euro erzielt und für 2020 ursprünglich ein Plus von bis zu zwei Prozent erwartet - den Ausblick dann aber im April wegen der Corona-Krise kassiert. Auch beim Gewinn erwartet Henkel deutlich weniger als im Vorjahr. Bei den Anfang Oktober verkündeten neuen Jahreszielen ging Konzernchef Carsten Knobel davon aus, dass es in den für Henkel wichtigen Regionen zu keinen weitreichenden Lockdowns mehr kommt.

Dabei litt Henkel bereits vor der Pandemie unter einer Wachstumsschwäche - Investitionen sollten diese eigentlich beheben. So hatte Knobel im März vergangenen Jahres angekündigt, das Markendickicht weiter zu lichten, in neue Produkte zu investieren, Prozesse zu verschlanken und einen stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung zu legen. Umsatz und Gewinn sollen daher mittelfristig wieder zulegen, so seine Prognose.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die im dpa-AFX-Analyser zusammengefassten Experten, die sich seit vergangenen Oktober mit Henkel befasst haben, stehen dem Unternehmen mehrheitlich neutral gegenüber, wobei es auch einzelne Kauf- oder auch Verkaufsempfehlungen gibt.

Analyst Iain Simpson von der britischen Investmentbank Barclays rechnet damit, dass die erneuten Lockdowns das vierte Quartal belastet haben dürften. Die Beschränkungen beeinträchtigten bei dem Konsumgüterkonzern dabei die Berechenbarkeit der Geschäftsentwicklung. Die Klebstoff-Sparte dürfte sich insbesondere in den entwickelten Märkten langsamer erholen als zunächst gedacht.

Zudem belasteten die Lockdowns das Geschäft mit Haarpflegeprodukten für Friseursalons, während die Corona-Krise förderlich sei für das Geschäft mit Spülmittel und Handwaschprodukten. Henkel dürfte sich zudem zurückhaltend zum laufenden Jahr äußern.

Solide Zahlen für das Schlussquartal erwartet hingegen Jörg Frey von Warburg Research, der nur begrenzte Auswirkungen des Lockdowns auf das Geschäft zum Jahresende sieht.

Auch die Schweizer Bank UBS äußert sich zurückhaltend. Bei Henkel erschwerten strukturelle Probleme und die fehlende operative Dynamik mittelfristig das Erreichen der Wachstumsziele, notierte Analyst Nik Olive. Der Experte hält daher weitere Investitionen für notwendig. Insgesamt seien aber die Aussichten der europäischen Konsumgüterkonzerne für 2021 wegen der eher schwächeren Vorjahreswerte positiv.

In einem von Henkel bereit gestellten Konsens erwarten Analysten für 2020 Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis. Im Mittelpunkt dürfte jedoch der Ausblick für das laufende Jahr stehen. Hier erwarten die Marktexperten wieder Zuwächse - auch wenn das Vor-Krisen-Niveau aus 2019 noch nicht wieder erreicht werden dürfte.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die im Dax notierte Henkel-Vorzugsaktie gehört am Finanzmarkt wie viele andere Konsumgütertitel zu den Verlierern der Corona-Pandemie. Seit Mitte Februar 2020 ging es um etwas mehr als zehn Prozent nach unten, während der deutsche Leitindex leicht zulegen konnte.

Die Anfang Oktober veröffentlichten Eckdaten für 2020 und neu ausgerufenen Ziele halfen dem Papier nur kurz. Von einem Zwischenhoch oberhalb der 90-Euro-Marke ging es zuletzt wieder deutlich nach unten - aktuell kostet das Papier rund 83 Euro.

Mit dem Minus von rund zehn Prozent seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Europa und den Vereinigten Staaten entwickelte sich das Papier aber immerhin noch besser als die Anteile des Branchenkollegen Beiersdorf, dessen Aktie seitdem gut ein Fünftel an Wert verlor.

Henkel-Aktionäre haben es seit einiger Zeit nicht leicht. Nachdem der Kurs der Vorzugsaktie von weniger als 20 Euro Anfang 2009 bis Mitte 2017 bis auf das Rekordhoch von knapp 130 Euro gestiegen war, ging es - unter teils heftigen Schwankungen - sukzessive abwärts.

Anleger zeigten sich enttäuscht von der zunehmenden Wachstumsschwäche des Konzerns. Investitionen, die das Wachstum ankurbeln sollten, zahlten sich nicht in dem raschen Maße aus wie erhofft und drückten zudem auf die Profitabilität. Trotz der jüngsten Verluste steht bei der Vorzugsaktie in den vergangenen zehn Jahren aber immer noch ein Plus von zirka 110 Prozent auf dem Kurszettel.

Henkel ist derzeit an der Börse rund 34 Milliarden Euro wert und damit deutlich mehr als der kleinere Konkurrent Beiersdorf, der auf 21 Milliarden Euro kommt. An den Wert der europäischen Rivalen Unilever (114 Mrd Euro) oder Reckitt Benckiser (50 Mrd Euro) kommen die Düsseldorfer aber nicht ran.

Das Kapital von Henkel ist in 178 Millionen Vorzugsaktien und knapp 260 Millionen Stammpapiere, die zu knapp 62 Prozent der Familie Henkel gehören. Das Paket der Familie ist derzeit rund 12 Milliarden Euro wert./nas/zb/knd/