ABB und auch der japanische Mischkonzern bestätigten am Mittwoch in zwei unabhängigen Stellungnahmen, dass Gespräche im Gang seien. Beide Unternehmen diskutieren eine Ausweitung und Neudefinition ihrer bestehenden Partnerschaft im Bereich Stromnetze, teilte der in Zürich ansässige Konzern mit. Eine Garantie für eine Transaktion gebe es nicht. Auch Hitachi erklärte, dass noch keine Entscheidung gefallen sei.

Nach einem Bericht der japanischen Zeitung "Nikkei" befinden sich die Verhandlungen in der Endphase. Der Hitachi-Verwaltungsrat habe grünes Licht gegeben, die Transaktion mit einem Wert von bis zu umgerechnet 7,05 Milliarden Dollar voranzutreiben. ABB werde die Sparte in ein eigenständiges Unternehmen ausgliedern, an dem sich Hitachi anfangs mit rund 50 Prozent beteiligen werde. Nach einigen Jahren solle das Geschäft dann vollständig in den Besitz der Japaner übergehen.

Eine mit der Sache vertraute Person sagte Reuters, vor einer Einigung müssten vor allem noch zwei Knackpunkte geklärt werden. So sei noch immer offen, wie hoch die Beteiligung der beiden Konzerne am Gemeinschaftsunternehmen ausfalle. Während Hitachi einen Anteil von rund der Hälfte anpeile, wolle ABB eine klare Mehrheit abgeben. Auch beim Preis herrsche noch keine Einigkeit, die ABB-Sparte dürfte aber auf eine Wert von mindestens zehn Milliarden Dollar kommen. Ein zweiter Insider sprach von zehn bis zwölf Milliarden Dollar. Die Parteien arbeiteten auf eine Einigung vor Weihnachten hin.

Reuters hatte im November von Insidern erfahren, dass neben Hitachi, die ebenfalls japanische Mitsubishi Electric und die chinesische State Grid of China Interesse an der ABB-Stromnetzsparte gezeigt haben.

ABB-CHEF WÜRDE SICH LUFT VERSCHAFFEN

Mit dem größten Bereichsverkauf in der Unternehmensgeschichte würde ABB-Chef Ulrich Spiesshofer zu einem Befreiungsschlag ansetzen. Der aktivistische Investor Cevian fordert bereits seit Jahren, dass sich der Konzern von der am wenigsten rentablen Sparte mit einem Jahresumsatz von rund zehn Milliarden Dollar trennt. Angesichts der unbefriedigenden Aktienkursentwicklung in seiner Amtszeit musste sich Spiesshofer, der sowohl die schweizerische wie auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, zuletzt viel Kritik anhören.

Zwar hat Spiesshofer die Kosten gedrückt, den Konzern neu organisiert und Lücken im Angebot gestopft. Doch beim Umsatz kommt ABB nicht richtig vom Fleck. Und der Kurs der ABB-Aktie ist seit dem Amtsantritt des früheren Unternehmensberaters im September 2013 um rund drei Prozent gesunken, während der europäische Industriesektor insgesamt wie auch der deutsche Rivale Siemens an Wert gewonnen haben. Am Mittwoch kletterten die ABB-Titel, die vorübergehend vom Börsenhandel suspendiert wurden, um 4,5 Prozent auf 19,845 Franken.

Cevian, der zusammen mit dem US-Hedgefonds Elliott kürzlich bereits die Aufspaltung des deutschen Traditionskonzerns Thyssenkrupp erzwungen hatte, trommelt bereits seit Jahren für die Zerschlagung von ABB. "Es ist fast zwei Jahre her seit der unvorteilhaften Entscheidung (Power Grids zu behalten) und der Aktienkurs hat sich kläglich entwickelt", hatte Co-Chef Christer Gardell im August in einem Zeitungs-Interview gesagt. Cevian hält rund fünf Prozent und ist damit nach der schwedischen Familie Wallenberg der größte ABB-Eigentümer.