Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)-Die britische Großbank HSBC arbeitet hart daran, ihren größten Aktionär Ping An davon zu überzeugen, dass sie als ganzes Unternehmen besser dasteht. Andere Investoren werden ihr wahrscheinlich zustimmen, denn ihnen winken höhere Renditen.

Die anglo-asiatische Bank wehrte sich am Montag vehement gegen den Vorschlag des chinesischen Versicherungs- und Finanzkonzern, sie in einen östlichen und einen westlichen Teil aufzuspalten. Die Ergebnisse des zweiten Quartals waren besser als erwartet und boten eine gute Grundlage für ihre Argumentation. Der Gewinn nach Steuern von 5,8 Milliarden US-Dollar lag aufgrund höherer Erträge, niedrigerer Kosten und eines latenten Steuervorteils in Höhe von 1,8 Milliarden US-Dollar über dem des Vorjahreszeitraums, obwohl die Kernkapitalquote leicht enttäuschte.


   Aufteilung teuer und kompliziert 

Laut Führung der HSBC, die sich überwiegend aus Managern westlicher Länder zusammensetzt, zeigten die Ergebnisse, dass der Turnaround funktioniere. Sie warnte davor, dass eine Aufspaltung der Bank eine kostspielige und komplizierte Angelegenheit wäre, die eher Werte zerstören als schaffen würde.

Die Direktoren unterstrichen ihre Zuversicht mit einem verbesserten Ausblick für 2023, der eine Sachkapitalrendite von mindestens 12 Prozent und eine Ausschüttungsquote von rund 50 Prozent vorsieht. Der Vorstandsvorsitzende Noel Quinn erklärte gegenüber Analysten, er wolle die Dividende so schnell wie möglich wieder auf das Niveau vor der Krise bringen. "Unsere derzeitige Strategie ist der schnellste und sicherste Weg zu höheren Renditen und Dividenden, die wir uns alle wünschen", sagte er.


   Grenzüberschreitende Geschäfte 

HSBC vermittelt Kapital und Handelsgeschäfte zwischen den globalen Drehkreuzen, vor allem mit ihrer Bank in Großbritannien, einer Bank in Hongkong und einer globalen Handels- und Geschäftsbank. Die Rentabilität des Unternehmens in Asien wird durch das internationale Geschäft in dieser Region begünstigt. Eine Aufspaltung würde einen Teil der grenzüberschreitenden Einnahmen aus dem Großkundengeschäft von 9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 sowie das umsatzstarke Geschäft mit internationalen Vermögensverwaltern gefährden.

Eine Abspaltung wäre zudem äußerst komplex und würde Jahre dauern. Es bestünde die Gefahr, dass eine östliche HSBC entsteht, die nicht mehr in der Lage ist, Geschäfte auf US-Dollar-Basis abzuwickeln. Erhebliche einmalige Kosten kämen auf die Bank zu: Aufbau neuer IT-Systeme, Refinanzierung des erforderlichen verlustabsorbierenden Kapitals der Bank und mögliche steuerliche Auswirkungen. Etwaige Kurssteigerungen könnten durch den Ausstieg westlicher Investoren gebremst werden, wenn eine östliche Bank nicht in Großbritannien notiert wäre.


   Ärger über Dividendenstreichung 

Diese Argumente dürften ausreichen, um die meisten Anleger zu überzeugen, aber der chinesische Versicherer Ping An könnte das anders sehen. Wie viele Kleinanleger in Hongkong war auch er unglücklich darüber, dass die britischen Aufsichtsbehörden die Kreditinstitute des Landes während der Pandemie dazu zwangen, ihre Dividenden zu streichen.

Die britische Aufsicht über die HSBC wird von internationalen Anlegern überwiegend als Stärke angesehen, aber asiatische Aktionäre könnten sich Sorgen machen, dass die Bank dadurch Entscheidungen treffen könnte, die in Ereignissen außerhalb Chinas und Hongkongs begründet sind.

Seit 157 Jahren baut die HSBC Brücken zwischen Ost und West, aber diese Aufgabe wird immer schwieriger. Pekings wirtschaftlicher Einfluss und der Wille, den Ton anzugeben, nehmen zu. Das führt immer wieder zu Spannungen, insbesondere mit Washington.


   Wackelige Brücke 

Die westlichen Sanktionen gegen Russland zeigen das Potenzial für künftige Streitigkeiten. Und so gleicht der Weg der Bank zum Erfolg heute eher einem Drahtseilakt als einer Brücke.

Die HSBC-Aktie spiegelt diese Herausforderung wider, denn sie wird nicht mehr mit einem deutlichen Aufschlag gegenüber den europäischen Konkurrenten gehandelt. Für Anleger, die bereit sind, die geopolitischen Unwägbarkeiten in Kauf zu nehmen, könnten sie dennoch einen guten Wert darstellen. Der Turnaround der Bank schreitet voran, und noch großzügigere Aktionärsrenditen scheinen möglich, während die HSBC um ihr Überleben als globales Unternehmen kämpft.

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DJG/DJN/rer/smh

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August 02, 2022 03:35 ET (07:35 GMT)