- von Alexander Hübner

Der neue Vorstandschef Aldo Kamper kündigte am Mittwoch an, Leoni wolle die Sparte, die für knapp 40 Prozent des Umsatzes steht, an die Börse bringen oder verkaufen. Der Konzern werde sich ganz auf das Bordnetz-Geschäft mit der Autoindustrie konzentrieren. "Wir wollen uns mit diesem Schritt neue finanzielle Möglichkeiten erschließen. Wir brauchen die Mittel, um die Bordnetz-Sparte strategisch weiterzuentwickeln", sagte Kamper der Nachrichtenagentur Reuters. Die Autobauer forderten von Leoni ein breiteres Produktangebot zur Vernetzung der Fahrzeuge im Zeitalter der E-Mobilität.

Kamper war im Herbst von Osram zu Leoni gekommen. Zunächst hatte er nur Randbereiche von Wire & Cable Solutions (WCS) mit 500 Millionen Euro Umsatz zum Verkauf gestellt. Nun greift er zur Radikallösung und trennt sich von den Wurzeln des als Leonische Drahtwerke gegründeten Konzerns. "Beide Bereiche profitieren vom Wandel in der Autoindustrie und vom Trend zur Elektromobilität. Aber die Synergien zwischen den Sparten sind gering", sagte der Niederländer. Nach der Trennung könnten das Kabel- und das Bordnetz-Geschäft ihre Potenziale besser entfalten. "Kabel sind ein Volumengeschäft", dort komme es auf Größe an.

Knapp zwei Milliarden der 5,1 Milliarden Euro Konzernumsatz entfallen auf die Sparte. Rund die Hälfte des Kabel-Geschäfts kommt von Kunden aus der Autoindustrie, Leoni beliefert aber auch die Chip-Branche oder Medizintechnik-Hersteller. Weltweit arbeiten 9000 der 95.000 Leoni-Mitarbeiter im Kabel-Geschäft, im Inland machen sie aber zwei Drittel der Belegschaft aus.

Leoni habe bereits Banken mandatiert, die prüfen sollen, ob sich das Geschäft verkaufen lässt oder an die Börse gebracht wird, sagte Kamper. Eine Präferenz habe er nicht. Bisher hätten sich aber keine Interessenten gemeldet. Zu den größten Rivalen von Leoni im Kabel-Geschäft gehören die schweizerische Huber + Suhner und die italienische Prysmian. Eine reine Abspaltung ("Spin-off"), bei der die Anteilseigner Aktien der Sparte ins Depot gebucht bekommen, komme nicht in Frage, weil Leoni die Erlöse brauche, betonte Kamper. Er erhofft sich bei einem Verkauf eine höhere Bewertung, als sie sich im Kurs der Leoni-Aktie widerspiegelt.

Der Konzern ist an der Börse nur noch 450 Millionen Euro wert. Am Mittwoch stieg die stark gebeutelte Aktie, notiert im Kleinwerteindex SDax, um bis zu vier Prozent, bröckelte dann aber um drei Prozent ab. In den vergangenen zwölf Monaten hat sie zwei Drittel ihres Wertes verloren.

Kamper ist gerade dabei, die Bordnetz-Sparte zu sanieren, die in den vergangenen Jahren zu viele unrentable Aufträge an Land gezogen hat. Der Umbau verursachte im ersten Quartal einen dreistelligen Millionenverlust. Drei Viertel der 500 Millionen Euro an Einsparungen, die Leoni bis 2022 plant, entfallen auf die Bordnetze. Die neue Finanzchefin Ingrid Jägering, die Kamper von Osram geholt hatte, soll Unternehmenskreisen zufolge schon am 1. August anfangen.