ZAGREB (dpa-AFX) - Unter dem Einfluss der Corona-Pandemie haben Kroatiens Bürger am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Bis 11.30 Uhr gaben 18 Prozent der rund 3,8 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Staatliche Wahlkommission in Zagreb mitteilte. Das waren um einen Prozentpunkt weniger als zum gleichen Zeitpunkt bei der vorangegangenen Wahl vor vier Jahren. Damals hatte die Wahlbeteiligung am Ende des Tages bei 53 Prozent gelegen.

Gewählt wurden 151 Abgeordnete der aus einer Kammer bestehenden Volksvertretung. In den letzten Umfragen lagen die oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) knapp vor der regierenden konservativen Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ). Keine der beiden Parteien dürfte aber auf eine absolute Mehrheit kommen. Es wird mit einer schwierigen Regierungsbildung gerechnet.

Dem seit 2016 amtierenden Ministerpräsidenten Andrej Plenkovic (HDZ) werden die besseren Aussichten zugestanden, mit anderen Parteien aus dem rechten Spektrum die nächste Regierung bilden zu können. Als drittstärkste Kraft dürfte sich die neue rechtspopulistische Heimatbewegung des Volksliedsängers Miroslav Skoro etablieren.

Diese nimmt es Plenkovic allerdings übel, dass er die rechte Sammelpartei HDZ stärker in die Mitte geführt hat. Zudem verstärken Rechtsaußen-Politiker, die der HDZ den Rücken gekehrt haben, die Reihen der Heimatbewegung.

Die SDP hat sich mit kleineren Parteien der linken Mitte und der Regionalpartei IDS von der Halbinsel Istrien zur Wahlkoalition Restart zusammengetan. Ihr kommt zugute, dass ihr Kandidat Zoran Milanovic im Januar die Präsidentenwahl gegen die Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarovic gewonnen hatte. Grabar-Kitarovic war von der HDZ unterstützt worden.

Ein möglicher Partner für eine sozialdemokratisch geführte Regierungskoalition wäre die neue links-grüne Bewegung Mozemo! (Wir können es!). Allerdings ist nicht klar, ob die neue, hauptsächlich von Akademikern und Bürgeraktivisten getragene Gruppierung in der Lage sein wird, die für den Einzug ins Parlament vorgeschriebene Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden.

Der Urnengang wird von steigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus überschattet. Fällig wäre die Wahl erst gegen Ende des Jahres gewesen. Ministerpräsident Plenkovic zog sie aber vor und setzte auf ein gutes Ergebnis, nachdem seine Regierung die Pandemie zunächst erfolgreich zurückgedrängt hatte. Doch inzwischen steigen die Infektionszahlen wieder an. In den vergangenen fünf Tagen wurden in Kroatien zwischen 50 und 100 Neuansteckungen mit dem Virus Sars-Cov-2 pro Tag nachgewiesen, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann.

In den Wahllokalen herrschte deshalb Maskenpflicht für die Wahlhelfer. Den Wählern wurde das Tragen eines Mundschutz empfohlen. Außerdem sollten sie eigene Kugelschreiber mitbringen, um den Stimmzettel auszufüllen. Für alle gilt die Beachtung eines Mindestabstands von eineinhalb Metern. Die Wahllokale sollten um 19.00 Uhr schließen. Unmittelbar danach war die Veröffentlichung von Prognosen geplant./bb/DP/men