FRANKFURT/MADRID (dpa-AFX) - Aus der europäischen Einzelhandelsbranche sind am Mittwoch sehr unterschiedliche Signale gekommen. Während eine Gewinnwarnung die Aktien des Online-Modehändlers About You zeitweise prozentual zweistellig abstürzen ließ, feierten die Anleger starke Geschäftszahlen des Moderiesen Inditex.

About You rutschten bereits im frühen Handel um mehr als 13 Prozent auf 5,70 Euro ab, was ein Rekordtief bedeutete. Am frühen Nachmittag stand noch ein Kursverlust von gut fünf Prozent zu Buche - damit belegten die Aktien den letzten Platz im Nebenwerte-Index SDax.

Dagegen eroberten die Anteilsscheine von Inditex mit einem Plus von zuletzt dreieinhalb Prozent den Spitzenplatz im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50. Beim Dax-Unternehmen Zalando hielten sich die Inditex-Zahlen und der schwache Ausblick von About You offenbar die Waage: Die Aktien des im Dax notierte Online-Modehändlers rutschten von einem knappen Plus zuletzt leicht ins Minus.

Die europäische Einzelhandelsbranche profitierte derweil von Inditex: Ihr Subindex führte mit rund einem Prozent Plus die Gewinnerliste im marktbreiten Stoxx Europe 600 an.

Im bisherigen Jahresverlauf geht die Aktienkursentwicklung der beiden heutigen Berichtsunternehmen ebenfalls auseinander: Während About You mit einem Kurseinbruch um 69 Prozent zu den größten SDax-Verlierern zählt, fällt das Minus von Inditex mit 20 Prozent lediglich etwas höher als der EuroStoxx-50-Kursrückgang aus.

Wegen der sinkenden Konsumlaune und der Eintrübung der Konjunktur rechnet About You im bis zum Ende Februar laufenden Geschäftsjahr 2022/2023 nur noch mit einem zehn- bis zwanzigprozentigen Umsatzwachstum - davor hatte das Unternehmen einen Anstieg um 25 bis 35 Prozent in Aussicht gestellt. Den bereinigten Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet es nun bei 120 bis 140 Millionen Euro nach bislang 50 bis 70 Millionen Euro. Dennoch hält das SDax-Unternehmen am Ziel fest, auf Basis des bereinigten Ebitda auf Konzernebene im Geschäftsjahr 2023/2024 die Gewinnschwelle zu erreichen.

Analystin Georgina Johanan von der US-Bank JPMorgan monierte vor allem die vom Management betonte, steigende Kosteninflation. Dieser Aspekt sei in den Schätzungen für die Branche noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die weiter für 2023/24 angepeilte Gewinnschwelle dürfte deshalb nun mit einiger Skepsis betrachtet werden. Ähnlich äußerte sich Volker Bosse von der Baader Bank.

Laut Goldman-Sachs-Analyst Richard Edwards ist zudem die neue Verlustprognose mehr als doppelt so hoch wie vom Markt erwartet. Und auch beim Umsatzwachstum liege die bisherige Markterwartung mit 28 Prozent klar über der neuen Zielspanne, ergänzte Jefferies-Experte Henrik Paganetty.

Ein ganz anderes Bild als About You zeichnete der spanische Branchenkollege Inditex. Er konnte im ersten Geschäftshalbjahr sowohl den Umsatz als auch den Gewinn vor Zinsen und Steuern deutlicher steigern als erwartet.

Zudem berichtete der Konzern, zu dem neben der Modekette Zara auch Marken wie Massimo Dutti, Pull&Bear oder Bershka gehören, über einen erfolgreichen Start der Herbst- und Winterkollektionen. So seien die Erlöse in den ersten sechs Wochen des laufenden dritten Quartals währungsbereinigt um elf Prozent gegenüber dem Vorjahreswert gestiegen.

Die Spanier hätten im zweiten Quartal die Erwartungen übertroffen und sendeten beruhigende Signale zum aktuellen Geschäft, kommentierte JPM-Expertin Johanan. Für Goldman-Kollege Edwards läuft das dritte Quartal bei Inditex bisher weitaus besser als erwartet, weshalb die Schätzungen steigen dürften. Richard Chamberlain von der kanadischen Bank RBC sah lediglich die Bruttomargen leicht unter den Erwartungen./gl/tav/mis