Zara, H&M und Uniqlo werden häufig miteinander verglichen, doch ihre strategischen Ansätze unterscheiden sich grundlegend. H&M setzt auf günstige, trendige Mode für die breite Masse. Zara hingegen geht einen Schritt weiter: Die Marke bringt binnen eines Monats nach den großen Laufstegshows neue Kollektionen in die Läden – ein Modell, das auf Geschwindigkeit und Modenähe beruht. Uniqlo verfolgt eine gegensätzliche Philosophie: fernab des modischen Zyklus, mit dem Leitsatz „Made for All“ konzentriert man sich auf zeitlose Basics.
Diese Unterschiede spiegeln sich auch im Warenangebot wider: Bei H&M und Uniqlo bleiben viele Artikel über Wochen unverändert verfügbar, während Zara seine Ladengestaltung und das Sortiment in atemberaubendem Tempo erneuert. Während Zara auf das Prinzip der Knappheit setzt, punktet Uniqlo mit hoher Transparenz und Planbarkeit der Lagerbestände.
In der Rentabilität zahlt sich das aus: Sowohl Zara als auch Uniqlo (Fast Retailing Co.) erzielen EBITDA-Margen, die rund doppelt so hoch liegen wie die von H&M.
Im Zeitraum Februar bis April stieg der Umsatz von Inditex um 1,5 % auf 8,27 Mrd. Euro. Der Nettogewinn legte nur leicht zu (+0,8 %). Wechselkursbereinigt liegt das Umsatzwachstum bei 4,2 %, kalenderbereinigt bei 5,3 %. Das reicht aus, um Optimisten zu beruhigen – doch die Marktreaktion zeigt, dass diese in der Minderheit sind.
Zunächst war das schleppende erste Quartal auf ungünstige Wetterbedingungen zurückgeführt worden. Doch auch der Start in die Sommersaison verläuft schwach: Zwischen Mai und Anfang Juni wuchsen die Verkäufe nur um 6 % (währungsbereinigt), während Analysten 7,3 % erwartet hatten – und im Vorjahr im gleichen Zeitraum ein Plus von 12 % verbucht wurde. Die Wachstumsverlangsamung ist offensichtlich.
Trotz schwierigerem Umfeld bleiben die Kosten unter Kontrolle. Die Bruttomarge liegt weiterhin bei über 60 % – exakt auf Vorjahresniveau. Dank der engen Verzahnung von Filialnetz und Produktionsstandorten erreicht Inditex eine operative Marge von 19,6 %. Zum Vergleich: Fast Retailing Co. liegt bei 15,85 %, H&M bei 7,4 % und Ross Stores (USA) bei 12,25 % (Stand 2024).
Westeuropa gilt zunehmend als gesättigt: Zwischen 2019 und 2024 hat Zara seine Filialanzahl in der Region um 26 % reduziert – ein Trend, der sich auch im aktuellen Quartal fortsetzt. Doch hinter der Flächenbereinigung steckt eine gezielte Strategie: Im laufenden Quartal eröffnete das Unternehmen Geschäfte in 26 neuen Märkten, wobei zugleich die durchschnittliche Filialgröße um 23 % stieg. Ziel ist die Ausweitung des adressierbaren Markts – ein zentraler Hebel für das zukünftige Wachstum.
Um diesen Ausbau zu unterstützen, investiert Inditex jährlich 900 Mio. Euro über zwei Jahre in seine Logistikinfrastruktur. Damit soll auch in neuen Regionen das Serviceniveau der westeuropäischen Märkte erreicht werden.
Trotz robuster Fundamentaldaten und einer im Branchenvergleich moderaten Bewertung wurden die jüngsten Ergebnisse von der Börse negativ aufgenommen. Die Wachstumsdynamik hat spürbar an Kraft verloren, und manche Beobachter sprechen bereits von einem möglichen strukturellen Deckel für den Konzern.
Die entscheidende Frage bleibt: Wird es Inditex gelingen, die Nach-Covid-Wachstumsraten wiederzuerlangen? Die Antwort hängt davon ab, ob die Erschließung neuer Märkte ausreicht, um die derzeit stockende Dynamik wieder in Schwung zu bringen.