(neu: Schlusskurse, Aktualisierung des Kurstiefs, JPMorgan-Kommentar)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Ambitionierte Übernahmepläne von Infineon sind zum Wochenbeginn bei den Aktionären des Halbleiter-Unternehmens auf Skepsis gestoßen. Zu teuer, lautete der Tenor am Markt, vor allem in der gegenwärtigen Marktphase.

Mit einem Abschlag von 8,05 Prozent auf 14,97 Euro waren sie am Montag der schwächste Wert im Dax. Der deutsche Leitindex rückte dagegen um 0,56 Prozent vor. Mit ihrem bei hohen Umsätzen erreichten Tagestief bei 14,444 Euro standen die Anteile zeitweise so tief wie zuletzt im September 2016. Charttechnisch sei der Weg für die Infineon-Papiere nun nach unten frei, urteilte ein Händler.

Der Konzern wagt den bisher größten Übernahmeversuch in seiner Unternehmensgeschichte und will für neun Milliarden Euro den US-Konkurrenten Cypress Semiconductor kaufen. Die Kaufsumme soll bis zu 30 Prozent durch neues Eigenkapital finanziert werden. Infineon bietet den Cypress-Aktionären 23,85 Dollar je Anteil. Das kommt einem Aufschlag von 34 Prozent zum Schlusskurs vom Freitag gleich und 46 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen 30 Handelstage.

Gerade die Kapitalerhöhung ist aus Sicht eines Börsianers ein deutlicher Belastungsfaktor. Zudem verfliege mit der Übernahme erst einmal die Fantasie, dass die Münchner selbst zum Übernahmeziel werden könnten. Die Ratingagentur S&P senkte inzwischen den Ausblick für die Kreditwürdigkeit von Infineon auf "Negativ", das Rating lautet weiterhin "BBB".

Die schweizerische Großbank UBS hält den geplanten Zukauf für teuer. Der Erfolg hänge daher insbesondere von Umsatzsynergien ab, schrieb Analyst David Mulholland in einer am Montag vorliegenden Studie. Er stuft Infineon-Papiere aber weiter mit "Buy" und einem Kursziel von 25 Euro ein.

Möglicherweise habe sich der Preis durch andere Interessenten hochgeschaukelt, kommentierte Mainfirst-Analyst Jürgen Wagner. Strategisch lobt er den Schritt aber: Die Produktportfolios ergänzten sich auf den ersten Blick gut und Cypress stärke zudem die globale Präsenz der Münchner. Wagner ließ seine Einstufung für Infineon auf "Neutral" mit einem Kursziel von 19 Euro.

Auch Sandeep Deshpande, Analyst bei der US-Bank JPMorgan, betonte die Vorteile der geplanten Übernahme. Das Cypress-Geschäft könne den Münchnern zu einer Spitzenposition in der Halbleiterherstellung für die Automobil-Industrie verhelfen und verbessere zudem die Stellung im Bereich "Internet der Dinge". Zudem könne mit einer Margensteigerung über den Zyklus hinaus sowie sinkenden Investitionsausgaben gerechnet werden. Bis dato sei Infineon noch nicht im Bereich Automobil-Infotainment aktiv. Das könne sich durch das Zusammengehen mit Cypress Semiconductors ebenfalls ändern, so der Experte.

Infineon-Papiere haben seit ihrem Jahreshoch bei 21,615 Euro Mitte April inzwischen fast ein Drittel ihrer Marktkapitalisierung verloren. An der Börse ist der Konzern aktuell nur noch rund 17 Milliarden Euro wert. Vor allem im Mai waren die Anteile sowie Halbleiterwerte insgesamt deutlich unter Druck geraten, was Händler vor allem auf die Sorgen um eine nachlassende Chip-Nachfrage in Folge des US-chinesischen Handelskonflikts und der Sanktionen der USA gegen den chinesischen Smartphone- und Telekomkonzern Huawei zurückführen.

Es wird befürchtet, dass China mit Restriktionen gegen Apple auf die US-Sanktionen gegen Huawei reagieren und dann die Chip-Preise sinken könnten. Chip-Hersteller dürften in diesem Szenario eher Kapazitäten vom Markt nehmen als neue Fertigungsanlagen zu kaufen, hieß es./ajx/ag/mis/ajx/he