Von Dan Gallagher

SAN FRANCISCO (Dow Jones)--Wann erreicht der Markt für Anlagen zur Halbleiterfertigung ein Jahresvolumen von 100 Milliarden Dollar? Diese Frage ist im Zusammenhang mit der lähmenden Knappheit in der Chip-Produktion weltweit zu einer Schlüsselfrage geworden. Der Mangel an Halbleitern, der vor allem die Autoindustrie gerade ausbremst, hat bereits dazu geführt, dass nationale Regierungen ihre Geldbörsen öffnen wollen. Große Chiphersteller wie Intel und Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) planen überdies Rekordinvestitionen.

Der PHLX Semiconductor Index hat dank starker Zuwächse von Ausrüstern wie Applied Materials, Lam Research und KLA in diesem Jahr um 17 Prozent zugelegt und dabei andere Tech-Subsektoren weit hinter sich gelassen.

Applied selbst geht unterdessen auf Nummer sicher. Bei einem virtuellen Analystentreffen am Dienstag wurde eine neue Langzeitprognose genannt, wonach in einem Basisszenario bis zum Jahr 2024 Gesamtausgaben für Wafer-Fertigungsanlagen von 85 Milliarden Dollar vorhersagt werden. Applied rechnet für sich selbst mit etwa 26,7 Milliarden Dollar Umsatz in dem Jahr - das sind rund 11 Prozent mehr als die aktuelle Konsensprognose jener wenigen Analysten vorsieht, die sich trauen, auch für diesen notorisch zyklischen Sektor so weit im Voraus überhaupt Schätzungen abzugeben.

Aber die Applied-Aktie war auf Vorsicht nicht ausgerichtet, und so rutschte ihre Notierung bis zur Schlussglocke um mehr als 2 Prozent ab (nachdem sie im bisherigen Jahresverlauf um 66 Prozent geklettert war).


   Applied kontrolliert ein Fünftel des Marktes 

Applied ist nach Umsatz der größte von allen Halbleiterausrüstern. Laut Analyst Stacy Rasgon von Bernstein heimst er etwa 20 Cent von jedem Dollar ein, den Chip-Hersteller für ihre Maschinen ausgeben. Deshalb ist das Unternehmen in einer erstklassigen Position, um von den Wachstumsaussichten der Branche zu profitieren, auch ohne dabei anderen Marktanteile abjagen zu müssen. Applied schätzt sogar, dass das Geschäft künftig weniger zyklisch sein wird als in der Vergangenheit. Finanzvorstand Dan Durn sprach am Dienstag mit Blick auf die langfristige Umsatzentwicklung von "höheren Höhepunkten und höheren Tiefpunkten", die es künftig geben werde.

Investoren ist eine Dosis Vorsicht für den Sektor dennoch anzuraten. Staatliche Subventionen sind noch längst nicht ausgemacht, und selbst wenn sie kämen, könnte dies am Ende unbeabsichtigte Konsequenzen nach sich ziehen. Analyst Chris Caso von Raymond James warnte seine Klienten etwa am Dienstag davor, dass eine Regierungsbeteiligung an der Chip-Produktion "möglicherweise zu einem strukturellen Überangebot im Laufe der Zeit führen könnte", so dass trotz Subventionen womöglich die Profitabilität der Branche leiden würde.


   Spannungen zwischen USA und China ein Problem für die Branche 

Überdies haben die Spannungen mit China bereits zu Exportkontrollen für Chip-Ausrüstung geführt, ein Problem, das so bald nicht abklingen dürfte. Paul Gallant von Cowens Washington Research Group prognostizierte am Dienstag, die neue Politik der Biden-Administration werde "ein expliziteres protektionistisches Element" rund um Chips und Produktionswerkzeuge beinhalten.

Dennoch sehen die Aussichten für Applied Materials und seine Konkurrenten gut aus. VLSI Research geht davon aus, dass die Ausgaben für Wafer-Fertigungsanlagen in diesem Jahr um 22 Prozent auf 77,6 Milliarden Dollar steigen werden, nach einem 20-prozentigen Plus im vergangenen Jahr. Die Marktforscher erwarten ferner, dass die Anlageninvestitionen bis 2026 die 100-Milliarden-Dollar-Marke knacken werden.

Applied-Finanzchef Durn nennt eine solche Zahl in seinem "High Case"-Szenario für das Jahr 2024. Investoren, die jetzt auf Aktien von Chip-Ausrüstern setzen, müssen in jedem Fall Geduld mitbringen.

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April 07, 2021 09:33 ET (13:33 GMT)