Von Dan Gallagher

SANTA CLARA, KALIFORNIEN (Dow Jones)--Intel will unter einem neuen Chef zurück zu alter Form. Möglicherweise ist der Zug jedoch längst abgefahren.

Intel gab am Mittwoch bekannt, dass Pat Gelsinger die Leitung als Chief Executive von Bob Swan übernehmen wird, der diese Position nur zweieinhalb Jahre lang innehatte. Das war die kürzeste Wirkungsphase eines Intel-Vorstandsvorsitzenden bislang. Sie dauerte nur etwa halb so lang wie die Zeit unter seinem unmittelbaren Vorgänger, der nach der Aufdeckung einer Affäre mit einer untergeordneten Mitarbeiterin das Unternehmen verlassen musste.

Swans Amtszeit war weniger von Skandalen als vielmehr von dem anderen großen Problem geprägt, das er geerbt hatte - dem Verlust der Position von Intel als weltweit fortschrittlichster Chiphersteller. Als Ingenieur mit 30 Jahren Erfahrung im Unternehmen scheint Gelsinger besser geeignet, dieses Problem anzugehen. Während seines jüngsten Jobs als CEO von VMware erwarb er sich höchste Anerkennung als Firmenlenker im Silicon Valley.

Der Aktienkurs von Intel stieg nach der Ankündigung am Mittwoch um 7 Prozent, während die Aktie von VMware im gleichen Verhältnis abrutschte. Für die Probleme, die Gelsinger erbt, gibt es jedoch keine schnelle Lösung.

Intel kämpfte bereits mit der Weiterentwicklung der Chipfertigung bevor Swan an Bord kam. Seitdem hat sich dieser Kampf festgefressen. Das Unternehmen gab im Juli bekannt, dass auch das neueste Verfahren zur Herstellung von Chips, die im eigenen Sieben-Nanometer-Prozess gefertigt werden, auf Probleme stößt. Somit werde sich die Massenproduktion bis Ende 2022 hinauszögern. Der Konkurrent Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) stellt bereits fortschrittlichere Chips bei 5 Nanometern her.

Zwei Generationen hinter einem Rivalen herzuhinken, der sich so schnell bewegt, hat Intel gezwungen, eine eher unorthodoxe Option in Betracht zu ziehen, nämlich die Produktionsauslagerung für einige seiner fortschrittlichsten Chips an TSMC. Dies könnte Intel Luft verschaffen, um den Fertigungsvorsprung aufzuholen, durch den Advanced Micro Devices - ein weiterer TSMC-Kunde - Marktanteile auf dem PC- und Rechenzentrumsmarkt gewinnen konnte.

Für ein Unternehmen, das seinen Wettbewerbsvorteil lange mit seinen Kompetenzen als integrierter Hersteller ausspielte, wäre dies jedoch eine Offenbarung. Das Outsourcing wird auch von dem aktivistischen Investor Dan Loeb von Third Point abgelehnt. Dieser schickte im vergangenen Monat einen Brief an das Unternehmen, in dem er die "entscheidende Rolle" von Intel für die nationale Sicherheit durch die Aufrechterhaltung der inländischen Chip-Herstellungskompetenzen zitierte.

Intel wird voraussichtlich nächste Woche in seiner Gewinnprognose für das vierte Quartal ein Update zu den Plänen veröffentlichen. Dann wird Swan noch als CEO im Amt sein, bevor er am 15. Februar ausscheidet.

Zum Thema Zukunft: Gelsinger steht daher vor der vertrackten Aufgabe, entweder Intels Fertigungsvorsprung wiederherzustellen oder vielen Skeptikern den neuen Weg des Chipherstellers schmackhaft zu machen. Das wird nicht einfach.

Als langjähriger technischer Leiter von Intel könnte Gelsinger jedoch dazu beitragen, dem von Loeb als dringlich bezeichneten Problem des "Humankapitalmanagements" von Intel - dem Verlust von Talenten - entgegenzuwirken.

Für die Moral im Unternehmen wäre das gut. Die Lösung aller Probleme wäre das nicht. Aber es wäre zumindest ein Anfang.

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January 14, 2021 06:26 ET (11:26 GMT)