Ein Konzern im Dauerumbruch
Wie beschreibt man Intel am treffendsten? Vermutlich als einen der am schwierigsten zu führenden Konzerne der Branche. Diese Kolumne hat sich bereits mit der aktuellen Strategie des Chipentwicklers und -herstellers befasst – und dabei eine nicht erschöpfende Liste der zahlreichen Risiken erstellt, die auf dem Unternehmen lasten. Unzufrieden mit dem bisherigen Kurs soll Lip-Bu Tan, frisch ernannter CEO von Intel, eine grundlegende Neuausrichtung in Erwägung ziehen – selbst wenn dies bedeutet, das 18A-Fertigungsverfahren, einst das zentrale Projekt seines Vorgängers Pat Gelsinger, zugunsten des 14A-Prozesses aufzugeben. Ziel: TSMC überholen.
Zurück auf Los?
Laut mit der Sache vertrauten Quellen denkt Lip-Bu Tan tatsächlich über eine Neupositionierung nach. Noch sei keine Entscheidung gefallen, doch ein Stopp für zusätzliche Aufträge auf Basis des 18A-Verfahrens werde ernsthaft diskutiert – mit dem Ziel, die Kräfte auf 14A zu konzentrieren. Zwei Probleme wären damit vorprogrammiert: zum einen ein Abschreibungsverlust in dreistelliger Millionenhöhe bis hin zu einer Milliarde Dollar für die bisherige Entwicklung von 18A; zum anderen das bekannte Gefühl, dass sich Geschichte wiederholt.
Denn diese neue Stoßrichtung erinnert frappierend an jene unter Gelsinger: Damals hatte Intel bewusst auf den 3-Nanometer-Prozess verzichtet, um sich voll auf 18A zu konzentrieren – und die Fertigung der 3-nm-Chips an TSMC ausgelagert. Im aktuell diskutierten Szenario würde Intel die laufenden 18A-Projekte wie Panther-Lake-Chips und bereits unterzeichnete Kundenverträge erfüllen, darüber hinaus aber keine neuen Kunden mehr für dieses Verfahren annehmen.
Ein Rückzug von 18A wäre ein gravierender Schritt – und würde das Schicksal des Konzerns weitgehend an den Erfolg des 14A-Prozesses binden. Inhaltlich ähneln sich die Strategien von Gelsinger und Tan, doch in der Umsetzung gibt es Unterschiede: Tan hat interne Abläufe gestrafft, neue Ingenieure angeworben, Teile der Führungsmannschaft ausgetauscht und organisatorische Umstellungen vorgenommen.
Eine Generation vor dem Aus?
Intel lehnte eine Stellungnahme gegenüber Reuters ab und bezeichnete die Informationen als Gerüchte. In einer Pressemitteilung heißt es:
„Lip-Bu und das Führungsteam sind entschlossen, unsere Roadmap zu stärken, das Vertrauen unserer Kunden zurückzugewinnen und unsere finanzielle Lage nachhaltig zu verbessern. Wir haben strategische Prioritäten definiert und werden die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um Intel wieder auf Kurs zu bringen.“
Noch ist also nichts in Stein gemeißelt. Doch die Rückmeldungen großer Kunden wie Microsoft und Amazon, die bereits Chips auf Basis von 18A beziehen, dürften bei der endgültigen Entscheidung eine Schlüsselrolle spielen.
Laut derselben Reuters-Quelle zielt die beschleunigte Entwicklung von 14A vor allem darauf ab, eine technologisch überlegene Alternative zu TSMC anbieten zu können – mit dem Ziel, strategisch wichtige Kunden wie Apple oder Nvidia zurückzugewinnen. Denn genau hier liegt die zentrale Herausforderung für Intel Foundry: Der bislang erste und einzige externe Kunde des Geschäftsbereichs – ist Intel selbst.