NEW YORK (Dow Jones)--Versöhnlicher Ausklang eines turbulenten Jahres: Am letzten Handelstag des von der Corona-Pandemie geprägten 2020 haben die US-Börsen noch einmal Gas gegeben. Der Dow-Jones-Index stieg am Donnerstag um 0,6 Prozent auf 30.606 Punkte. Im Verlauf hatte der Index bei 30.637 Punkten seinen bisher höchsten Stand erreicht. Der S&P-500 ging ebenfalls 0,6 Prozent höher aus dem Handel. Auch dieser Index verbuchte ein Rekordhoch. Nur ein kleines Plus von 0,1 Prozent verzeichnete der Nasdaq-Composite. Die Nasdaq-Indizes kamen zwar nicht mehr an ihre schon am Dienstag erreichten Allzeithochs heran, auf Jahressicht ließen sie jedoch Dow und S&P-500 weit hinter sich.

An der Nyse wurden 1.881 (Mittwoch: 2.165) Kursgewinner gesehen. Ihnen standen 1.268 (987) Verlierer gegenüber. Unverändert schlossen 94 (85) Titel.

Zur guten Stimmung trugen erfreuliche Nachrichten vom Arbeitsmarkt bei. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war in der Vorwoche überraschend deutlich auf 787.000 zurückgegangen. Volkswirte hatten im Schnitt mit 828.000 Anträgen gerechnet. Dass die Aussichten auf umfangreichere Corona-Hilfen für die US-Bürger gesunken sind, belastete nicht: Der US-Senat weigerte sich am Donnerstag erneut, der vom Repräsentantenhaus beschlossenen Erhöhung der geplanten Einmalzahlungen auf 2.000 von 600 Dollar pro Person zuzustimmen. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump am Sonntag ein Maßnahmenpaket im Umfang von 900 Milliarden Dollar zur Bekämpfung der Corona-Krise gebilligt.

Der Dow wurde an Silvester von der Intel-Aktie angeführt, die um weitere 2,2 Prozent stieg, nachdem sie an den beiden Tagen zuvor schon deutlicher zugelegt hatte. Für den Chipkonzern lief es 2020 nicht gut. Doch nun macht ein aktivistischer Investor Druck: Schon am Dienstag hatte Daniel Loeb, CEO des Hedgefonds Third Point, Intel aufgefordert, sich nach strategischen Alternativen umzusehen. nachdem der US-Halbleiterriese in diesem Jahr Verzögerungen bei neuen Produkten hinnehmen musste.

Endphase Energy rückten um 1,5 Prozent vor. Die Aktie wird am 7. Januar im S&P-500 den Platz von Tiffany übernehmen, die infolge der Übernahme durch LVMH aus dem Index ausscheidet.


   Rückblick 

Das Jahr 2020 hatte verheißungsvoll begonnen. Nach einem guten Lauf 2019 ging es zunächst weiter aufwärts. Doch schon im Februar wurden die Börsen jäh ausgestoppt: Ein neuartiges, zuerst in China aufgetretenes Coronavirus breitete sich rasant aus und zwang Regierungen weltweit zu drastischen Maßnahmen wie Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen. Die Wirtschaft brach ein. In den USA, wo zuvor noch praktisch Vollbeschäftigung geherrscht hatte, verloren Millionen Menschen ihre Jobs. In der letzten Märzwoche beantragten 6,87 Millionen Amerikaner erstmals Arbeitslosenhilfe - ein Rekord. Nicht einmal während der Finanzkrise war die Beschäftigungssituation so prekär. Die damalige Rekordzahl von 665.000 Erstanträgen erscheint angesichts der Folgen der Corona-Krise aus heutiger Sicht lächerlich gering. Der Dow sackte im März bis auf 18.214 Punkte ab.

Dank entschlossener geld- und fiskalpolitischer Maßnahmen erholten sich die Aktienkurse in den Folgemonaten nicht nur, sondern erklommen sogar neue Höchststände, als gegen Ende des Jahres erste Impfstoffe gegen das Virus zugelassen wurden und Hoffnung aufkam, dass die Pandemie bald beherrschbar werde. Der Dow-Jones-Index verbuchte 2020 Kursgewinne von 7,3 Prozent. Der S&P-500 gewann 16,3 Prozent. Die Nase vorn hat jedoch der Nasdaq-Composite mit einem Plus von 43,6 Prozent. Für die technologielastige Nasdaq war es das beste Jahr seit 2009.

Fortschritte bei Entwicklung, Zulassung und Einsatz von Impfstoffen werden maßgeblich dafür sein, ob und wie schnell sich die Wirtschaft 2021 erholen wird. Immer noch wird eine hohe Zahl von Neuinfektionen verzeichnet. Das könnte die Börsen im neuen Jahr erst einmal bremsen, warnten Beobachter.

Andererseits dürfte auf absehbare Zeit viel billiges Geld zur Verfügung stehen, das angelegt werden will. Die US-Notenbank reagierte im März mit drastischen Zinssenkungen auf die Krise. Innerhalb von zwei Wochen senkte sie den Leitzins von 1,50 bis 1,75 Prozent auf 0,00 bis 0,25 Prozent. Im Juni weitete sie überdies ihre Anleihekäufe deutlich aus. Im Anschluss an ihre jüngste Zinssitzung Ende Dezember bekräftigte die Fed ihren geldpolitischen Kurs. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen stand Ende 2020 bei 0,92 Prozent - fast 1 Prozentpunkt niedriger als Ende 2019. Es war der deutlichste Rückgang seit 2011.

Die Niedrigzinspolitik der Fed drückte in Verbindung mit den hohen Corona-Infektions- und Todeszahlen in den USA den Dollar, der zum Euro im vergangenen Jahr fast 9 Prozent nachgab. Der Goldpreis stieg derweil auf Jahressicht um rund 25 Prozent. Das zinslos gehaltene Edelmetall profitiert einerseits von niedrigen Zinsen, war aber während der Pandemie auch als sicherer Hafen gesucht.


   "Stay-at-Home"-Aktien als Krisengewinnler 

Für Banken und Versicherer sind niedrige Zinsen Gift. Sie erschweren das Kreditgeschäft der Banken und verhageln das Anlageergebnis der Versicherungen. Der Subindex der Finanzwerte im S&P-500 verlor auf Jahressicht 4,1 Prozent. Mit Abstand am schwächsten schnitten jedoch Energiewerte ab, die im Schnitt 37,3 Prozent einbüßten. Ursächlich war der Einbruch der Ölpreise um rund 20 Prozent 2020 als Folge einer drastisch gesunkenen Nachfrage während der Pandemie. Am Donnerstag stieg der Preis für US-Rohöl der Sorte WTI um 0,3 Prozent auf 48,52 Dollar. Die europäische Referenzsorte Brent verteuerte sich um 0,3 Prozent auf 51,80 Dollar.

Angeführt wurde der Aktienmarkt von Technologiewerten, die im Schnitt 42,2 Prozent gewannen. Gesucht waren vor allem sogenannte "Stay-at-Home"-Aktien. Sie profitierten davon, dass die Pandemie die Menschen dazu zwang, mehr Zeit in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Heimarbeit gewann an Bedeutung - ein Trend, der sich nach Ansicht von Beobachtern 2021 fortsetzen wird. Nutznießer war unter anderem Zoom, ein Anbieter von Lösungen für Videokonferenzen, dessen Aktie im vergangenen Jahr um 396 Prozent stieg.

Peloton Interactive verbesserten sich um 434 Prozent. Das Unternehmen bietet Fitnessgeräte an, die es seinen Abonnenten ermöglichen, per Fernzugriff an Kursen teilzunehmen, während viele Fitnessstudios wegen der Pandemie geschlossen sind.

Ebenfalls 434 Prozent gewann die Aktie des Biotechnologie-Unternehmens Moderna, dessen Corona-Impfstoff kürzlich zugelassen wurde.

Spitzenreiter war jedoch die Tesla-Aktie, deren Kurs um 743 Prozent nach oben schoss. Die Aktie wurde am 21. Dezember endlich in den S&P-500 aufgenommen, nachdem der Hersteller von Elektroautos fünf Quartale hintereinander mit Gewinn abgeschlossen hatte. Die Marktkapitalisierung Teslas ist mit rund 660 Milliarden Dollar mittlerweile größer als die der großen Autokonzerne Toyota, Volkswagen, General Motors, Ford und Honda zusammen, wie Jefferies-Analyst Christopher Wood anmerkte. Wood warnte, dass Tesla derzeit nur dank des Verkaufs von Emissionsrechten Geld verdiene. Die fünf genannten Konzerne arbeiteten derzeit jedoch emsig an der Entwicklung eigener Elektrofahrzeuge.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com DJG/DJN/cln

(END) Dow Jones Newswires

January 01, 2021 05:12 ET (10:12 GMT)