FRANKFURT/PARIS (dpa-AFX) - Ein Jahr später als ursprünglich geplant haben Europas Aufseher die Banken auf dem Kontinent wieder einem großen Gesundheitscheck unterzogen. Sind die Institute ausreichend gerüstet, falls sich die Corona-Pandemie noch einmal verschärft? Reichen die Kapitalpuffer für einen herben Wirtschaftseinbruch? In den vergangenen Monaten mussten die Geldhäuser auf Basis ihrer Jahresbilanz 2020 durchrechnen, wie sich diverse Stressszenarien auswirken würden. Veröffentlicht werden die Ergebnisse an diesem Freitagabend (30.7.).

Eigentlich sollte die neue Auflage des europäischen Bankenstresstests schon 2020 durchgeführt werden. Doch um den Instituten mitten in der Corona-Krise nicht noch weitere Aufgaben aufzubürden, verschob die europäische Bankenaufsicht EBA die Prüfung um ein Jahr. Parallel dazu gab es nun für eine größere Gruppe führender Finanzinstitute aus dem Euroraum wieder einen Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB)

Die European Banking Authority (EBA) hat 50 Geldhäuser aus 15 Ländern unter die Lupe genommen, die gemessen an den Vermögenswerten zusammen für rund 70 Prozent des Bankenmarktes in Europa stehen. Darunter sind 7 aus Deutschland: BayernLB, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, Landesbank Baden-Württemberg, Landesbank Hessen-Thüringen, Volkswagen Bank.

38 der 50 Institute in dem EBA-Test sind Banken aus dem Euroraum, die zentral von der EZB überwacht werden. Parallel zu dem EBA-Test hat die EZB-Bankenaufsicht in einem nahezu identischen Stresstest für den Euroraum weitere 51 Banken unter die Lupe genommen, die sie direkt beaufsichtigt. Ursprünglich sollten es 53 sein, doch wegen eines Zusammenschlusses wurden 2 Institute herausgenommen. Die EZB überwacht seit November 2014 die größten Banken und Bankengruppen im Euroraum, derzeit sind dies 114 Institute, die für fast 82 Prozent des Marktes im Währungsraum der 19 Länder stehen.

Im Krisenszenario des EBA-Test wird unterstellt, dass sich die Corona-Krise zuspitzt und die wirtschaftlichen Rückschläge infolge der Pandemie länger anhalten. Die Wirtschaft in der Europäischen Union würde in diesem Szenario in den drei Jahren bis 2023 kumuliert um 3,6 Prozent schrumpfen. Zugleich würde die Arbeitslosenquote steigen und die Immobilienpreise würden kräftig einbrechen.

Auf Verbraucher übertragen könnte ein solcher Test so aussehen: Reichen Einnahmen, Ersparnisse oder Versicherungsschutz auch dann, wenn Auto und Waschmaschine gleichzeitig kaputtgehen, der Arbeitgeber pleitegeht und man erst im nächsten Jahr einen neuen Job findet? Oder auf Hausbesitzer gemünzt: Was wäre, wenn gleichzeitig der Blitz einschlägt, der Strom ausfällt, es einen Wasserrohrbruch gibt und Einbrecher in die eigenen vier Wände einsteigen?

Bei Banken sollen solche Tests Risiken in den Bilanzen der Institute offenlegen. Durchfallen können Banken im diesjährigen Test nicht, denn die Aufseher haben keine Mindestkapitalquote vorgegeben, die zu erfüllen ist. Gegebenenfalls können die Aufseher aber einzelnen Geldhäusern auftragen, ihre Kapitalpuffer zu verstärken, um sich besser für mögliche Rückschläge zu wappnen.

Beim letzten großen europäischen EBA-Bankenstresstest 2018 hatten sich die Kapitalpuffer bei den meisten der seinerzeit 48 untersuchten Institute auch unter widrigen Bedingungen als tragfähig erwiesen. Unter den acht deutschen Instituten im damaligen Test hatte - nicht ganz überraschend - die NordLB am schlechtesten abgeschnitten: Die von faulen Schiffskrediten belastete Landesbank suchte seinerzeit nach Investoren und wurde letztlich von ihren Eignern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und den Sparkassen mit Milliardenhilfen gerettet.

Seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 überprüfen Aufseher weltweit mit solchen Stresstests regelmäßig, wie anfällig Banken im Krisenfall wären. Unumstritten sind solche Tests und die Ableitungen daraus nicht, denn welche Risiken in den hypothetischen Szenarien wie stark gewichtet werden, liegt letztlich in der Hand der Aufseher./ben/DP/he