NEU-ISENBURG (dpa-AFX) - Der Nutzfahrzeugzulieferer Jost Werke kann sich der maueren Lkw-Konjunktur nicht entziehen. Nachdem sich das Marktumfeld zuletzt immer mehr eintrübte, schockte das SDax-Unternehmen aus dem hessischen Neu-Isenburg die Anleger im November mit einer Gewinnwarnung. Was im Unternehmen los ist, wie Analysten die weiteren Aussichten bewerten und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI JOST WERKE:

Inzwischen gehen die Neu-Isenburger davon aus, dass die konjunkturelle Eintrübung im Nutzfahrzeugumfeld nicht nur von kurzer Dauer sein dürfte. Der Abschwung, der alle Regionen umfasst und auch den Konkurrenten SAF-Holland getroffen hat, wird anhalten, ist die Erwartung. Im Vergleich zum Vorjahr rechnet der Konzern für das abgelaufene Geschäftsjahr 2019 sowohl mit einem Umsatz- als auch einem Gewinnrückgang. Die vorläufigen Ergebnisse will das Unternehmen am 18. Februar vorlegen.

Während der Lkw-Markt in Nordamerika bislang noch recht passabel lief, setzte sich die Abkühlung vor allem in Europa fort. Auch in der Region Asien-Pazifik-Afrika gab es Probleme. Vorstandschef Dürr, der im Oktober auf seinen langjährigen Vorgänger Lars Brorsen folgte, räumte ein, dass der Markt für Lkw und Anhänger im Laufe des zweiten Halbjahrs 2019 schwieriger geworden sei. Nun gelte es, auf die Kosten zu achten und wachsende Nischen zu besetzen, um das anspruchsvolle Marktumfeld zu meistern. Obwohl die Zukunft für Jost Werke herausfordernder werde, sieht Dürr darin auch Chancen für das Unternehmen.

Eine solche dürfte vor allem die Übernahme der schwedischen Ålö Holding sein. Für den Hersteller von landwirtschaftlichen Frontladern legen die Hessen 250 Millionen Euro auf den Tisch. Das Geschäft mit Agrarmaschinen soll für Jost Werke zu einer weiteren tragenden Säule werden und dem Unternehmen auf lange Sicht den Zugang zu wichtigen internationalen Märkten in Asien, Lateinamerika und Afrika eröffnen.

Nach eigenen Angaben ist Jost Werke weltweit führend im Markt für Sattelkupplungen und Stützwinden und stellt diverse weitere Nutzfahrzeugkomponenten her. Derzeit beschäftigt das Unternehmen über 2700 Mitarbeiter.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen glauben die Marktbeobachter weiter an Jost Werke. Von den vier im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten sprechen sich alle für den Kauf der Papiere aus. Das durchschnittliche Ziel von 43,50 Euro liegt rund fünf Euro höher als der aktuelle Kurs. Die Analysten sehen also nach wie vor Aufwärtspotenzial.

Besonders optimistisch zeigt sich Frederik Bitter von der Privatbank Hauck & Aufhäuser, der mit einem Kursziel von 51 Euro deutlich über dem Schnitt liegt. Aus seiner Sicht ist die Entscheidung zum Kauf von Ålö Holding zwar riskant, aber zugleich auch vernünftig gewesen. Denn der Deal ermögliche Jost Werke, auch weiterhin in geschützten Nischenmärkten tätig zu sein, die durch hohe Eintrittsbarrieren gekennzeichnet seien, urteilt Bitter.

Ähnlicher Auffassung ist Franz Schall vom Analysehaus Warburg Research. Er erachtet den Zukauf des schwedischen Herstellers von Agrarfahrzeugen als eine vom Markt lange erwartete Akquisition, die strategisch perfekt zu Jost Werke passe. Entsprechend erhöhte Schall seine Umsatz-, Gewinn- und Dividendenprognose für die Jahre 2020 und 2021.

Dagegen bleibt Nicolai Kempf von der Deutschen Bank zwar weiterhin bei seiner Kaufempfehlung, in Anbetracht der Gewinnwarnung hat der Experte das Kursziel jedoch deutlich gesenkt und mit nur noch 34 Euro das geringste aller Analysten auf dem Zettel. Dennoch hob er hervor, dass die Profitabilität des Lkw-Zulieferers auch in einem schwächeren Marktumfeld solide sei. Jose Asumendi von der US-Bank JP Morgan verweist derweil darauf, dass das Lkw-Segment 2020 vor einem weiteren herausfordernden Jahr stehe, Jost Werke seine Risiken aber durch das gestiegene Engagement im Agrarsektor reduziert habe.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Zuletzt konnte sich Jost Werke auch dank des vom Markt positiv aufgenommenen jüngsten Zukaufs gut entwickeln. In den zurückliegenden 12 Monaten steht sogar ein Kursplus von rund der Hälfte zu Buche. Damit liegt der Lkw-Zulieferer im vorderen Drittel des Nebenwerteindex SDax, der im selben Zeitraum gut ein Viertel an Wert gewonnen hat.

Auch in den ersten Handelstagen des neuen Jahres steht für die Neu-Isenburger ein dickes Plus zu Buche, für die es nach ihrem Börsengang im Jahr 2017 zunächst stetig bergauf ging. Im November desselben Jahres erreichte die Aktie mit 49,50 Euro ihr Hoch, danach ging es allerdings im Zickzack-Kurs sukzessive in den Keller. Ende 2018 kosteten die Papiere nur noch 25 Euro. Anleger, die sie nur ein Jahr zuvor gekauft hatten, haben also viel Geld verloren.

Im Anschluss folgte erneut eine unruhige Berg- und Talfahrt. Nach einer zwischenzeitlichen Erholung auf über 35 Euro im April 2019 rutschten die Papiere im Zuge der schwachen Lkw-Konjunktur bis Oktober auf das Tief von unter 24 Euro. Seitdem hat - trotz der Gewinnwarnung - wieder eine deutliche Erholung eingesetzt. Derzeit kostet ein Anteilsschein etwas mehr als 38 Euro.

Mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 500 Millionen Euro gehört Jost Werke zu den kleineren Titeln im SDax und liegt in Sachen Börsenwert im hinteren Index-Viertel./eas/men/fba/jha/