Zürich (awp) - Die Privatbank Julius Bär hat in den ersten vier Monaten 2022 das schwierige Marktumfeld zu spüren bekommen und muss Abflüsse von Kundenvermögen vermelden. Der Zürcher Vermögensverwalter setzt seine Profitabilitätsziele für die kommende Strategieperiode 2023 bis 2025 dennoch nach oben und will die Kosten mit einem neuen Effizienzprogramm weiter herunterbringen.

Per Ende April wies Julius Bär verwaltete Vermögen (Assets under Management, AuM) von 457 Milliarden Franken aus gegenüber 482 Milliarden per Ende 2021. Für den Rückgang verantwortlich war nicht zuletzt die negative Marktentwicklung. Ausserdem führten Veräusserungen von Firmenbeteiligungen zu einem Rückgang um rund 5 Milliarden Franken.

Höhere Kundenaktivität

Weil "eine Reihe von Kunden in Asien" das Risiko in ihren Anlageportfolios verringerte und die Fremdfinanzierung abbaute, flossen in den ersten vier Monaten des Jahres unter dem Strich Vermögen von 2,7 Milliarden Franken ab. Julius Bär erwartet allerdings, dass sich das Nettoneugeld in der zweiten Jahreshälfte wieder normalisieren wird.

Auf der Ertragsseite profitierte die Bank dagegen von einer seit Anfang Jahr verbesserten Kundenaktivität. Die Bruttomarge lag "nahe bei 85 Basispunkten" und damit wieder höher als im Gesamtjahr 2021. Julius Bär sieht sich zudem für einen möglichen Anstieg der Bruttomarge aufgrund höherer Zinsen gut positioniert. Vor allem Zinserhöhungen in den USA dürften direkt positiv durchschlagen, wie die designierte Finanzchefin Evie Kostakis bei der Präsentation der neuen Strategieziele am Donnerstag sagte.

Einsparungen von 120 Millionen

In der kommenden Strategieperiode 2023 bis 2025 will Julius Bär bei der Profitabilität weiter zulegen: Bis 2025 soll eine adjustierte Vorsteuermarge von 28 bis 31 Basispunkten resultieren, nachdem bis 2022 ein Ziel von 25 bis 28 Basispunkten angestrebt wurde. Wie bisher strebt die Bank auch ein jährliches Wachstum des Vorsteuergewinns von über 10 Prozent an.

Dazu kommt ein Kostenprogramm, das bis 2025 Bruttoeinsparungen von 120 Millionen Franken bringen soll. Dieses werde sicherlich auch zu einem Personalabbau führen, bestätigte CEO Philipp Rickenbacher auf eine entsprechende Frage, auf eine konkrete Zahl wollte er sich aber nicht festlegen. Die Bank will zudem ihre geografische Präsenz und ihre Marktabdeckung "weiter straffen".

Die Einsparungen sollen dazu beitragen, umfangreiche Technologieinvestitionen zu finanzieren: In der neuen Strategieperiode will Julius Bär zusätzlich zum Investitionsbudget dafür rund 400 Millionen aufbringen. Fliessen sollen diese Technologieinvestitionen etwa in die betriebliche Effizienz, vorgesehen ist aber auch eine neue eigene digitale Wealth-Management-Lösung speziell für vermögende Privatkunden.

Schliessung von Russland-Tochter

Zurückziehen wird sich die Bank aus Russland: Julius Bär habe nun die Schliessung ihrer Beratungstochtergesellschaft in Moskau eingeleitet, wurde am Donnerstag bekannt. Die russische Gesellschaft beschäftigt laut einem Sprecher "unter zehn Personen", der Nettovermögenswert betrug Ende Jahr 0,4 Millionen Franken.

Im Geschäft mit Russland wende Julius Bär zudem alle nationalen und internationalen Sanktionen an, betonte die Bank. Neue Kunden mit Wohnsitz in Russland werden seit der Invasion des Landes in der Ukraine nicht mehr angenommen. Die gesamten Vermögen von russischen Personen, die weder im europäischen Wirtschaftsraum noch in der Schweiz wohnhaft sind, bezifferten die Bär-Vertreter auf 1,6 Prozent der AuM. Rund 0,8 Milliarden Franken an Kundengeldern wurden aufgrund der Russland-Sanktionen eingefroren und von AuM zu Custody-Vermögen umklassifiziert.

Am insgesamt schwachen Aktienmarkt wurden die Neuigkeiten der Privatbank am Donnerstag ungnädig aufgenommen worden. Nicht nur sanken die verwalteten Vermögen etwas stärker als erwartet, auch der Neugeldabfluss überraschte negativ. Am Ende gingen die Titel mit einem Abschlag von knapp 6 Prozent aus dem Handel.

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