- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

"Wenn wir uns in einem Jahr wiedersehen, dann werden wir das Schiff in ruhigere Gewässer gebracht und Fahrt aufgenommen haben", kündigte sie am Freitag auf der Hauptversammlung in Bochum an. "Im Augenblick haben wir kaum finanziellen Spielraum." Mit der Aufzugs-Transaktion drücke der Konzern den 'Reset-Knopf' für die Bilanz. Bis Ende Februar solle eine Entscheidung über den Verkauf fallen, der mehr als 15 Milliarden Euro einbringen dürfte.

Für die Aufzugssparte sind mehrere Bieter im Rennen. Neben Konsortien aus Finanzinvestoren gehört der finnische Konkurrent Kone im Bunde mit CVC dazu. Das Interesse sei groß, berichtete Merz. Thyssenkrupp halte sich weiter die Optionen Börsengang, Teil- und Vollverkauf offen. Derzeit sei die finanzielle Lage des Konzerns außerordentlich angespannt. "Unsere Erwartung ist, dass Thyssenkrupp nach dem damit ermöglichten Umbau wieder ein solide aufgestelltes Unternehmen ist." Dieses werde auf mehreren Säulen stehen: den Materialgeschäften, den Automobilzuliefergeschäften und weiteren Industriegeschäften. Der Umbau werde mit vielen kleinen Schritten vorangetrieben und nicht als "Big Bang".

In der Stahlsparte strebt der Konzern auch nach dem im vergangenen Jahr gescheiterten Zusammenschluss mit Tata Steel Europe Partnerschaften an. Eine weitere Konsolidierung der Branche in Europa wäre vorteilhaft, betonte Merz. "Und deshalb sind wir offen für Gespräche." Zunächst müsse es aber eine harte Restrukturierung in der Sparte geben. "Das wird nicht ohne Arbeitsplatzabbau gehen." Thyssenkrupp will rund 6000 der etwa 160.000 Jobs abbauen, darunter 2000 in der Stahlsparte.

AKTIONÄRE HALTEN FOKUS AUF STAHL FÜR RISKANT

In der trotz der Krise weitgehend ruhigen Hauptversammlung rief die Stahlstrategie Widerspruch hervor. "Mit Ausnahme der Aufzugssparte war der Konzern all die Jahre in keinem Geschäftszweig wirklich wettbewerbsfähig, weder im Stahlbereich noch in den Technologiefeldern", kritisierte Henrik Pontzen von der Fondsgesellschaft Union Investment. "Die Aktionäre blicken auf eine verlorene Dekade zurück." Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, legte nach: "Wie wollen Sie sich in einem Umfeld weiterhin dramatischer Überkapazitäten, stetig wachsender Importe aus China und extrem schwankender Rohstoffpreise denn zukünftig behaupten?"

Merz' Plan, spätestens Ende September wieder in den Aufsichtsrat zu wechseln, warf Fragen nach der Beständigkeit ihres Kurses aus. "Frau Merz, beenden Sie endlich das Hin und Her! Wir brauchen eine nachvollziehbare Strategie, die auch dann noch Bestand hat, wenn die Tinte trocken ist", forderte Ingo Speich von Deka Investment. Die von ihr verbreitete Aufbruchsstimmung könne dem Unternehmen zwar helfen. "Letztlich kann heute niemand sagen, wie lange Sie im Vorstand bleiben müssen. Denn so leicht wird sich kein neuer CEO finden lassen."