Zürich (awp) - Das Transport- und Logistikunternehmen Kühne+Nagel veröffentlicht am Dienstag, 21. Juli, die Ergebnisse zum ersten Halbjahr 2020. Insgesamt acht Analysten haben zum AWP-Konsens beigetragen.

H1 2020E
(in Mio Fr.)       AWP-Konsens    H1 2019A   

Nettoumsatz           9'433       10'600     
Bruttogewinn          3'621        4'015     
      
EBIT                    341         511        
Reingewinn              266         384       
Reingewinn*             262         382      

* nach Minderheiten

FOKUS: Die Coronakrise zeigt grosse Auswirkungen auf den Logistikmarkt. Das gilt auch für Kühne+Nagel. Das zweite Quartal dürfte das schlechteste des Jahres gewesen sein, war die Wirtschaft doch in vielen Ländern der Welt durch Lockdowns zumindest zeitweise lahmgelegt. Gewisse Analysten gehen immerhin davon aus, dass das ganze wohl nicht ganz so schlimmm war, wie ursprünglich befürchtet. Auch seien die Transportvolumen ab Mai wieder gestiegen.

Probleme gab es für das Unternehmen konkret aber etwa in der Luftfracht. Normalerweise mietet Kühne+Nagel Frachtkapazitäten in Passagierflugzeugen. Das war wegen des Groundings vieler Airlines nicht möglich, weshalb der Konzen selbst Flugzeuge chartern musste, um seine Ware zu transportieren. Sowohl Rohertrag wie auch EBIT dürften in diesem Umfeld deutlich tiefer ausgefallen sein als im Vorjahr.

Bereits im ersten Quartal war der Gewinn wegen Corona klar unter Vorjahresniveau gelegen. Die sogenannte Konversionsmarge der Sparten - eine wichtige Kennzahl in der Branche, die das Verhältnis von EBIT und Rohertrag ausdrückt - lag noch bei rund 23 Prozent in der Luftfracht. Ein ähnlicher Wert wurde in der Seefracht erreicht. Damit war das Unternehmen plötzlich weit von seiner eigenen Zielgrosse von jeweils 30 Prozent entfernt, die zuvor immer ungefähr eingehalten werden konnt.

Auch längerfristig dürfte es wegen Covid-19 in der Logistik-Branche gemäss Einschätzungen von Analysten zu deutlichen Verschiebungen kommen. Die Transportnachfrage in einigen Bereichen ist mit einem massiven Rückgang konfrontiert, während sie in anderen Bereichen jedoch stark ansteigt. Zur Bewältigung dieser Veränderungen benötigen Logistikunternehmen ein bewährtes internationales Netzwerk in allen verbundenen Ländern - was ein Vorteil für die weltweit präsente Kühne+Nagel-Gruppe ist.

ZIELE: Das Unternehmen verzichtete bei der Präsentation der Zahlen zum ersten Quartal wegen der Coronakrise auf einen Ausblick für die einzelnen Sparten für das laufende Geschäftsjahr. Die Prognose bis 2022 war gemäss einer Investorenpräsentation offiziell noch in Kraft, die Grundannahme dafür (ein stabiles makroökonomisches Umfeld), scheint allerdings bereits jetzt nicht mehr erfüllt zu sein.

PRO MEMORIA: Kühne+Nagel-Ehrenpräsident Klaus-Michael Kühne liess es sich nicht nehmen, sich persönlich zur Coronakrise zu äussern. Bereits im April sagte der Firmenpatron und Haupteigentümer des Konzerns zum deutschen "Handelsblatt", dass er selbst noch nie so etwas wie die Corona-Pandemie erlebt habe. "Was sich derzeit abspielt, ist total irritierend, überraschend und ökonomisch natürlich höchst unerfreulich", sagte er.

Dabei warnte er auch, dass die Pandemie die Welt noch länger beschäftigen könnte. "Für uns alle gilt: Je länger die Krise dauert, umso gefährlicher wird es." Kühne+Nagel sei als Unternehmen in mehr als hundert Ländern aktiv und global vernetzt. "Wir werden es immer sehr schnell zu spüren bekommen, wenn Corona wieder aufflammt", so Kühne.

Bereits jetzt ist klar, dass sein Unternehmen nach der Krise ein anderes Unternehmen sein wird als vor der Krise. "Es könnte sein, dass die Gruppe am Ende 20 bis 25 Prozent weniger Mitarbeiter haben wird als vorher", sagte er im Mai in einem Interview mit der Zeitung "Welt". Das zweite Quartal dürfte für Kühne+Nagel nun der "Moment der Wahrheit" gewesen sein, um bei den Worten des Firmenpatrons zu bleiben.

AKTIENKURS: Die Aktie von Kühne+Nagel hat sich inzwischen recht gut von ihrer Corna-Delle erholt. Nach einem Jahreshöchstwert von 167,30 Franken war das Papier im März auf 120,50 Franken abgestürzt. Aktuell steht der Valor wieder bei einem Kurs von 159,90 Franken (Stand Donnerstagmittag). Seit Jahresbeginn entspricht dies einem knappen Minus von 1,8 Prozent.

Homepage: www.kuehne-nagel.com

ab/kw