ZUG (dpa-AFX) - Beim Baustoffhersteller LafargeHolcim hat sich seit dem Antritt von Unternehmenschef Jan Jenisch vor zwei Jahren viel getan. Jenisch verschlankte die Konzernstruktur und schloss Standorte, um Kosten zu senken. Zudem verkaufte LafargeHolcim verschiedene Aktivitäten. Gleichzeitig baut der weltweit größte Zementkonzern sein Geschäft mit Beton- und Hilfsstoffen mit kleineren Zukäufen aus. Was momentan bei LafargeHolcim los ist, wie sich die Anteilsscheine entwickelt haben und wie Analysten die weiteren Aussichten bewerten.

DAS IST BEI LAFARGEHOLCIM LOS:

LafargeHolcim war 2015 aus der Fusion der beiden Zementkonzerne Holcim aus der Schweiz und Lafarge aus Frankreich entstanden. Den Chefsessel hatte Jenisch im Oktober 2017 von Eric Olsen übernommen. Olsen war über die Affäre um Schmiergeldzahlungen an den "Islamischen Staat" für ein Werk in Syrien sowie operative Probleme gestolpert. Im März 2018 hatte Jenisch, der vom schweizerischen Bau- und Spezialchemiekonzerns Sika gekommen war, mit milliardenschweren Abschreibungen und neuen Plänen einen Neuanfang eingeläutet. Im Fokus stehen dabei Wachstum und eine höhere Profitabilität.

So schaffte Jenisch eine Managementebene ab und unterstellte mehr Länder direkt der Konzernleitung. Den Konzernstandort in Paris gab er auf und verlegte den Schweizer Sitz von Zürich nach Zug, um Kosten einzusparen. Zudem schloss er die Konzernstandorte in Miami und Singapur und verkaufte die Aktivitäten in Malaysia, Indonesien, Singapur sowie auf den Philippinen. Mit dem Geld verringerte LafargeHolcim seine Nettoverschuldung.

Im Gegenzug baut Jenisch mit kleineren Zukäufen das Geschäft mit Sand, Kies und Schotter sowie Transportbeton aus, um weniger abhängig von der Zementnachfrage zu sein. Auch setzt er auf das Geschäft mit vorgefertigten Betonteilen. Bis 2022 soll der Umsatz jährlich um drei bis fünf Prozent steigen. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) soll in dem Zeitraum um mindestens fünf Prozent zulegen.

LafargeHolcim profitiert derzeit - wie Konkurrent HeidelbergCement - vom anhaltenden Bauboom in Europa und Nordamerika, aber auch von seinem Sparkurs. In den ersten neun Monaten legte der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Jahresvergleich um neun Prozent zu. Der Umsatz kletterte um vier Prozent. Dabei rechnet das Unternehmen jeweils Währungseffekte sowie Zu- und Verkäufe heraus.

Der Schweizer Baustoffhersteller wurde auch als möglicher Käufer für das zum Kauf stehende Bauchemiegeschäft des Ludwigshafener Chemiekonzerns BASF gehandelt. Allerdings sei das Unternehmen mittlerweile wegen der hohen angepeilten Bewertung abgesprungen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg Mitte Oktober mit Verweis auf Insider.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Eine Mehrheit der Analysten empfiehlt die Aktie von LafargeHolcim zum Kauf. Die übrigen Experten raten, das Papier zu halten. Seit dem Managementwechsel Ende 2017 hat sich laut Analyst Nabil Ahmed von der britischen Großbank Barclays viel beim Unternehmen getan. Das Management habe die Bilanz mit dem Verkauf von Aktivitäten in Südostasien verbessert und 400 Millionen Franken an Kosten eingespart, befand er. Zudem hob Ahmed den verbesserten Barmittelzufluss hervor.

Analyst Tobias Weimann von der US-Investmentbank Morgan Stanley zufolge hat das Management in puncto Anteilsverkäufe, Kostensenkungen und Margensteigerung geliefert. Diese Optimierung könnte sich fortsetzen. Insofern sei die Aktie von LafargeHolcim nun sein "Top Pick" im Sektor.

Für Marktexpertin Elodie Rall von der US-Bank JPMorgan ist der Ausblick für europäische Baustoffkonzerne für 2020 insgesamt weiterhin eher positiv. Nach dem herausragenden Jahr 2019 sollten Anleger nun aber selektiver innerhalb des Sektors vorgehen. Sie bevorzugt Aktien von Unternehmen mit höherem Selbsthilfepotenzial, niedrigen Markterwartungen und einer immer noch attraktiven Bewertung wie ihren "Top Pick" LafargeHolcim.

WAS DIE AKTIE MACHT:

Unter dem Strich können die Anleger nach jahrelanger Durststrecke mit dem Jahr 2019 zufrieden sein. Wer sich durch einen kräftigen Rückschlag zwischen Mai und Oktober nicht aus der Ruhe bringen ließ, sitzt auf einem dicken Buchgewinn von mehr als 30 Prozent. Es müsste einiges viel passieren, um das beste Jahr seit 2012 noch zu vermasseln. Für langfristig engagierte Investoren ist dies allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn wer zu Zeiten der Fusion zwischen Lafarge und Holcim 2015 eingestiegen ist, braucht noch mindestens ein vergleichbar gutes Jahr, um die erlittenen Verluste wieder auszumerzen.

An der Börse ist der Konzern rund 33 Milliarden Franken (etwa 30 Milliarden Euro) wert und gehört damit nur zum Mittelfeld des Schweizer Leitindex SMI 30. Der deutsche Konkurrent HeidelbergCement ist mit seiner Marktkapitalisierung von gut 13 Milliarden Euro dagegen ein Leichtgewicht./mne/ag/eas/fba