Zürich (awp/sda/awp) - Der Zementhersteller LafargeHolcim gibt seinen Konzernstandort in Paris auf und verschiebt den Schweizer Sitz von Zürich nach Zug. Damit will der Zementkonzern seine Konzernstruktur vereinfachen. Mit der Schliessung werden 200 von rund 1000 Stellen für die übergeordneten Konzernfunktionen abgebaut.

Die verbleibenden Stellen in der Schweiz werden nach Zug und nach Holderbank verlegt, wo der Schweizer Teil des Konzerns, Holcim, seine Wurzeln hat, wie LafargeHolcim am Freitag mitteilt.

Gemäss Plan sind in der Gegend Zürich und Holderbank 107 Arbeitsplätze betroffen. Der Hauptsitz bleibe weiterhin in der Schweiz, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Während der rechtliche Sitz im St. Galler Jona verbleibt, ist geplant, dass Konzernchef Jan Jenisch künftig von Zug aus arbeitet - in der Nähe seines alten Arbeitsortes in Baar als Sika-Konzernchef.

Den Umzug von Zürich nach Zug begründet der Sprecher mit den Räumlichkeiten. Der Standort in Zürich sei zu gross und entspreche den Ansprüchen nicht mehr. Das neue Büro in Zug erlaube eine offenere und flexiblere Arbeitsweise. In Zürich verschwinden damit alle Konzernfunktionen.

Gewerkschaft nicht überrascht

Nicht überrascht von diesem Schritt zeigt sich die Gewerkschaft IndustriAlL Global Union. Das sei nun der letzte Schritt zur Beerdigung des alten Lafarge-Erbes, sagte Matthias Hartwich von der Gewerkschaft auf Anfrage. "Der Konzern könnte sich auch gleich in Holcim umbenennen."

An Versprechungen wie etwa die Beibehaltung der Doppelzentrale fühle sich das Management offensichtlich nicht mehr gebunden. Seit der Fusion seien rund 50'000 Arbeitsplätze abgebaut worden. Dabei seien Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, die bei Lafarge traditionell verankert waren, sukzessive abgebaut worden. Statt den Mitarbeitern zählten nur noch die Aktionäre.

Hartwichs Kollege Rolf Beyeler von der Schweizer Gewerkschaft Unia, der als Koordinator für den europäischen Betriebsrat tätig ist, ergänzt, dass es dem Konzern tatsächlich darum ginge, die letzten Elemente französischer Unternehmenskultur zu eliminieren. "Und Schweizer Konzerne zeichnen sich nun einmal nicht durch ein hohes Mitaspracherecht der Mitarbeiter aus", so Beyeler.

Vom bevorstehenden Konsultationsverfahren erwarte er nicht mehr viel, da CEO Jenisch offensichtlich eingesetzt worden sei, "um mit dem Zweihänder durch das Geschäft zu gehen und radikal abzubauen." Doch natürlich werde man sich für die Angestellten des Konzerns einsetzen.

Auch Stadt Zürich bedauert Schritt

Die Stadt Zürich bedauert den Wegzug von LafargeHolcim und den Verlust der Stellen sehr, wie ein Sprecher am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte. Offensichtlich stehe dieser Schritt in Zusammenhang mit der weltweiten Umstrukturierung. Deshalb stehe die Schliessung des Stadtzürcher Standorts nicht in Zusammenhang mit den Standortfaktoren von Zürich.

In Frankreich verbleiben weiterhin einige Konzernfunktionen; diese werden nun nach Clamart im Südwesten von Paris verlegt. Dort befindet sich die Zentrale der Ländereinheit Lafarge France.

Laufende Konsultationen

Die Verlegung soll bis Ende Jahr abgeschlossen sein. Derzeit laufen noch die Konsultationen mit den Personalvertretern in den beiden Ländern. Ob es einen Sozialplan gibt, ist laut dem Sprecher Teil der Gespräche. LafargeHolcim wolle die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden so gering wie möglich halten und an den betroffenen Standorten entsprechende Unterstützung anbieten.

Der Umbau ist keine Überraschung: Bereits im März hatte der neue LafargeHolcim-Chef Jan Jenisch angekündigt, die Standorte in Miami und Singapur zu schliessen, eine Führungsebene abzubauen und die Ländergesellschaften, die direkt an die Konzernleitung berichten, annähernd zu verdoppeln. Diese Massnahmen sind inzwischen umgesetzt.

Zudem kamen die Doppelzentralen in der Schweiz und Frankreich auf den Prüfstand. Mit den im März und nun angekündigten Sparmassnahmen sollen 400 Millionen Franken an Vertriebs- und Verwaltungskosten bis im ersten Quartal 2019 eingespart werden.

Jenisch, der den Chefposten beim Zementkonzern im letzten Oktober übernommen hatte, hat die neue Strategie 2022 im März lanciert. Mit dieser Strategie will LafargeHolcim stärker wachsen und in den lokalen Märkten durch mehr Kundennähe glänzen.

Für das laufende Jahr strebt der Konzern ein Wachstum beim Nettoverkaufsertrag von 3 bis 5 Prozent an. Das Betriebsergebnis auf Stufe EBITDA auf vergleichbarer Basis soll ein Wachstum von 5 Prozent aufweisen. LafargeHolcim hat diese Prognosen Anfang Mai trotz eines schwierigen Starts ins Jahr bestätigt.

Im ersten Quartal litt LafargeHolcim unter schlechtem Wetter in Nordamerika und in Europa sowie unter schwierigen Bedingungen in einigen Märkten Asiens und Afrika.

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