Kilchberg (awp) - Rückschlag für Lindt&Sprüngli: Der Schokoladenhersteller kann Corona nicht so schnell abhaken wie erhofft. Die Schutzmassnahmen bremsen den Verkauf von Lindorkugeln und Pralinés.

Das durch Corona verursachte Einnahmenloch bei Lindt&Sprüngli betrug 2020 fast eine halbe Milliarde Franken oder 11 Prozent. Lindt setzte noch rund 4 Milliarden Franken um, wie der sonst so erfolgsverwöhnte Schokoladenhersteller am Dienstag mitteilte. Zwar geht ein Teil der Einbussen auf Wechselkursverluste zurück. Doch auch zu konstanten Wechselkursen gab der Umsatz organisch um 6,1 Prozent nach.

Damit hat Lindt zwar die Einbusse von 8,1 Prozent aus dem ersten Halbjahr etwas eingrenzen können. Es war die erste organische Umsatzeinbusse seit über 25 Jahren.

Doch die Erholung verlief harziger als von Branchenbeobachtern erwartet. Und die Pandemie dürfte dem Schokoladenhersteller doch noch länger zusetzen als zunächst vermutet: Noch im Halbjahr ging Lindt davon aus, dass 2021 das Wachstum dank eines Aufholeffekts über den mittelfristig angestrebten 5 bis 7 Prozent ausfallen dürfte. Davon ist nun keine Rede mehr.

Und das, obwohl die Pandemie die Lust der Menschen auf Schokolade durchaus angekurbelt hat. Die Konsumenten deckten sich in Läden mit Tafelschokolade ein oder liessen sie sich nach Hause liefern. Denn: Schokolade macht bekanntlich glücklich und eignet sich damit gut als "Seelennahrung" in schwierigen Zeiten. Und Qualitätsschokolade, allen voran von Lindt, war sogar überdurchschnittlich gefragt.

Margenstarkes Geschäft belastet

Die Krux für Lindt: Das Onlinegeschäft wuchs zwar stark und verdoppelte sich, doch es steuert lediglich 5 Prozent zum Umsatz bei. Einen grossen Teil seines Umsatzes erzielt der Premiumschokoladenhersteller mit Geschenken sowie dem Ausserhausgeschäft: Mit Touristen in eigenen Lindt-Shops, an Flughäfen, in Hotels, Konfiserien und Restaurants.

Reisebeschränkungen, Ladenschliessungen, Homeoffice und Homeschooling sowie Weihnachtsfeiern im kleineren Rahmen schlagen daher direkt auf die Lindt-Ergebnisse durch.

Das nagt auch an den Gewinnen: Denn die margenstarken Geschäfte wie die Verkäufe in eigenen Läden sind besonders stark betroffen. Gewinnzahlen veröffentlicht Lindt zwar erst am 2. März. Doch das Unternehmen hat seine frühere Prognose bestätigt, dass die EBIT-Marge bei rund 10 Prozent zu liege kommen dürfte.

Zum Vergleich: 2019 lag sie noch bei 15,0 Prozent. Dieses Niveau soll 2022 wieder erreicht werden - sofern sich die Gesundheitssituation markant verbessert, wie Lindt festhielt.

Strukturelle Herausforderungen

Insgesamt geht Lindt jedoch davon aus, mittelfristig wieder zu den Vorkrisen-Wachstumsraten, sprich den eigenen Vorgaben von 5 bis 7 Prozent zurückkehren zu können. "Die neue Normalität wird für uns wie die alte Normalität aussehen", hatte Lindt-Finanzchef Martin Hug denn auch anlässlich des Halbjahres angekündigt. Dem stimmen zwar die meisten Analysten zu, doch es gibt auch kritische Stimmen.

Der Analyst von Baader Helvea weist auf strukturelle Herausforderungen hin: Die Verlagerung hin zu online, die sich verändernden Konsumentenbedürfnisse und die verschärfte Konkurrenz.

Zudem könne Lindt bei der Nachhaltigkeit weniger punkten: Dem stünden Problemfelder wie Kinderarbeit oder zuckerreiche Produkte im Weg. Onlinehandel und Nachhaltigkeit gelten denn auch als Trends, die durch die Pandemie noch beschleunigt wurden.

An der Börse senkten die Anleger am Dienstag jedenfalls erstmal die Daumen: Lindt PS verlieren am Vormittag in einem kaum veränderten Umfeld gut 4 Prozent, die Namenaktien rund 2 Prozent. Die Papiere des Schokoladenehrstellers kommen damit stark von den zuletzt erreichten rekordverdächtigen Ständen zurück.

tt/jb