Mailand/Paris/Zürich (awp/awp/sda/reu) - Im Rennen um die Mailänder Börse hat die italienische Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) offiziell ihren Hut in den Ring geworfen. Das Institut plane eine Offerte mit dem französischen Börsenbetreiber Euronext für die Borsa Italiana, erklärte CDP am Freitag.

Insidern zufolge ist bei dem Konsortium auch die italienische Bank Intesa Sanpaolo an Bord. Medienberichten zufolge könnte die Borsa Italiana, eine Tochter der Londoner Börse London Stock Exchange (LSE), 3,3 bis vier Milliarden Euro wert sein.

Auch Schweizer sind interessiert

Bis zum heutigen Freitag sind die Angebote für die Borsa Italiana fällig. Auch die Deutsche Börse und der Schweizer Börsenkonzern SIX gehören zu den Interessenten. Die SIX werde am (heutigen) Freitag ein unverbindliches Angebot für die Borsa Italiana einreichen, hatte Reuters am Vortag eine mit der Situation vertraute Person zitiert.

Käme die SIX zum Zug, würde die Schweizer Börsenbetreiberin ähnlich verfahren wie bei der kürzlich vollzogenen 2,8 Milliarden Franken schweren Übernahme der Madrider Börse Bolsas y Mercados Españoles (BME) im Juni, hiess es in dem Reuters-Bericht. Die SIX würde der Mailänder Börse also Autonomie gewähren, am Management festhalten und den Namen belassen, wurde der Insider zitiert.

Eine allfällige Übernahme der italienischen Börse würde nach der Übernahme der BME gut zu den Expansionsplänen von SIX passen. Nach Umsätzen gerechnet wurde die SIX dadurch nach der London Stock Exchange und der Euronext zur drittgrössten Finanzmarktinfrastrukturgruppe Europas.

In einem Interview mit der Zeitung "Finanz und Wirtschaft" hatte SIX-Präsident Thomas Wellauer betont, man könne sich ein Wachstum über weitere Zukäufe vorstellen. Zudem wolle die SIX nicht nur beim Börsenhandel, sondern auch etwa im Bereich der Finanzinformation weiter zulegen.

Ein SIX-Sprecher wollte sich zu den neuen Informationen bezüglich Übernahme der Mailänder Börse auf Anfrage von AWP am Donnerstag nicht äussern. Eine weitere Anfrage vom Freitag wurde bisher noch nicht beantwortet. Die Chancen für die ausländischen Bieter stehen gemäss Insidern zufolge aber nicht so gut.

Italiener favorisieren Euronext

Die Agentur Reuters berichtete nämlich, dass der italienische Staat laut mit der Sache vertrauten Personen das Konsortium um Euronext favorisiert. Insidern zufolge versuchen sich die Interessenten nicht nur über den Preis, sondern auch mit Versprechen bezüglich des zukünftigen Einflusses der italienischen Seite einen Vorteil zu verschaffen.

Die LSE muss sich auf Druck der EU-Wettbewerbshüter zumindest von einem Teil der Mailänder Börse trennen, um die 27 Milliarden Dollar teure Übernahme des Datenanbieters Refinitiv zu retten.

Ende Juli hatte die Londoner Börse daher angekündigt, dass Gespräche über den Verkauf der Plattform MTS oder des italienischen Börsenbetreibers als Ganzen begonnen wurden. Dies müsse aber nicht heissen, dass es auch zu einer Transaktion komme, hatte es damals geheissen.