Berlin (Reuters) - Der Softwareriese SAP treibt seine Ausrichtung auf die Cloud mit der Übernahme des US-amerikanischen Lieferanten-Fintechs Taulia voran und baut sich zugleich ein neues Standbein auf.

"Bisher hatten wir keine Finanzplattform. Das ist sehr komplementär", sagte Firmenchef Christian Klein am Donnerstag über den Zukauf, der bis März abgeschlossen sein soll. Der Konzernchef stellte zugleich Partnerschaften für die über verschiedene Geräte und Plattformen erreichbare virtuelle Welt in Aussicht, in die Facebook, Microsoft und Roblox streben: "Wir werden ziemlich bald bekanntgeben, was wir dort machen." Schließlich will der inzwischen 50 Jahre alte Walldorfer Dax-Konzern beim Thema Metaverse auf keinen Fall ins Hintertreffen geraten.

Am Aktienmarkt konnte SAP damit nicht überzeugen. Das Papier fiel um fast neun Prozent und steuerte auf den größten Tagesverlust seit mehr als einem Jahr zu. Damit hielt der Unternehmenssoftwareanbieter die rote Laterne im deutschen Leitindex. Einige fragten sich, wozu der Taulia-Zukauf gut sein solle, sagte ein Börsianer. Andere wiesen darauf hin, dass SAP wegen der nahenden US-Zinserhöhungen unter dem allgemeinen Ausverkauf der Branche leide. Der europäische Index für diesen Sektor fiel zeitweise auf ein Acht-Monats-Tief. Daran konnte auch Finanzchef Luka Mucic mit seinem Versprechen, "einen attraktiven Dividendenvorschlag" für 2021 zu machen, nichts ändern. Er will Aktionäre - darunter fast alle Mitarbeiter - mit einer höheren Ausschüttung beglücken als 2020, als 1,85 Euro je Aktie gezahlt wurden.

SAP will sich zu einem reinen Cloud-Anbieter wandeln, der statt Lizenzprodukten gemietete Anwendungen im Web verkauft - das erleichtert Updates und macht Umsätze planbarer. Bei der Transformation liege man "über dem Plan", sagte Klein. Das Rundum-Angebot "Rise with SAP" kommt auf mehr als 1300 Kunden. Das vor rund einem Jahr gestartete Programm nimmt Unternehmen an die Hand, um ihnen die Transformation in die Cloud zu erleichtern. Ziel ist es, dass Firmen auch Kernprozesse wie die Unternehmensplanung (ERP) über die Datenwolke auf externen Rechnern laufen lassen. Laut der Anwendervereinigung DSAG gibt es noch Defizite: "Aus DSAG-Sicht bedarf es im Jahr 2022 noch größerer Anstrengungen, das Produktportfolio auf allen Ebenen für die Herausforderungen der Cloud auszulegen, um am Markt auch zukünftig eine führende Rolle zu spielen."

KLEIN - DURCHLEUCHTEN MARKT STÄNDIG

Im Detail wollte sich Mucic nicht zu den Konditionen des Taulia-Kaufs äußern, verriet aber, SAP werde weniger als eine Milliarde Dollar auf den Tisch legen und dafür rund 95 Prozent an Taulia erwerben. Den Kontakt zu der 350-Mann-Firma aus San Francisco, die Lösungen anbietet, mit denen Unternehmen Lieferungen frühzeitig bezahlen können, dürfte der frühere SAP-Chef Leo Apotheker hergestellt haben, der in Taulia investiert hat und dort als unabhängiger Direktor tätig ist.

Weitere kleinere Zukäufe könnte SAP laut Klein jederzeit in Angriff nehmen: "Wir durchleuchten den Markt ständig." Auch größere Übernahmen wie zuletzt bei Qualtrics und Concur seien möglich. "Unser Geldfluss ist stark. Wir können aktiv werden, aber es muss in unser Portfolio passen. Dann würde ich nicht nein sagen", erklärte Klein, der den Konzern mit mehr als 100.000 Mitarbeitern seit April 2020 allein führt. SAP sei allerdings nicht von Akquisitionen abhängig und könne auch organisch substanziell wachsen.

SAP bestätigte die am 13. Januar veröffentlichten Quartalszahlen wie auch den Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr. Demnach sollen die Clouderlöse währungsbereinigt um 23 bis 26 Prozent auf 11,55 bis 11,85 Milliarden Euro zulegen. 2025 sollen sie sich dann auf mehr als 22 Milliarden Euro fast verdoppeln und der Konzernumsatz sogar die Marke von 36 Milliarden Euro übertreffen - nach 27,8 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.