(neu: 6. Absatz mit weiteren Aussagen SCP-Chefin Brabet-Friel)

DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Supermarktkette Real ist nach monatelangem Tauziehen endlich verkauft: Doch für die 34 000 Beschäftigten in den 276 Filialen und für Millionen Real-Kunden geht die Ungewissheit weiter. Es dürfte noch Monate dauern, bis sie Klarheit bekommen, ob "ihre" Filiale weiterbetrieben, verkauft oder geschlossen wird. Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger sprach am Mittwoch von einem "bitteren Tag für die Real-Beschäftigten". Die Gewerkschafterin warnte vor der möglichen Vernichtung von mehr als 10 000 Arbeitsplätzen im Zuge der Übernahme.

Der neue Real-Besitzer, der Finanzinvestor SCP, will Real nach der Übernahme zerschlagen, wie SCP und Metro nach der Vertragsunterzeichnung in der Nacht zum Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung bekräftigten. Ein Großteil der 276 Real-Märkte soll an Wettbewerber wie Kaufland, Globus oder Edeka verkauft werden. Nur ein Kern von 50 Filialen soll noch 24 Monate unter dem Namen Real weitergeführt werden. Rund 30 Filialen sollen mangels Zukunftsperspektiven geschlossen werden.

Mit welcher Filiale was geschehen soll, ließen die Beteiligten allerdings zunächst offen. Da ein Weiterverkauf vom Bundeskartellamt geprüft werden müsste, kann es auch noch dauern, bis hier Klarheit herrscht.

Bei der Gewerkschaft Verdi ließen die Ankündigungen von SCP und Metro aber die Alarmglocken schrillen. Der Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel, Orhan Akman, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es wirkt wie eine Beruhigungspille, dass angeblich nur 30 Filialen geschlossen werden sollen. Wir befürchten, dass die Zahl noch deutlich steigen könnte. Denn was am Ende aus den 50 Filialen wird, die erst einmal weiterbetrieben werden sollen, ist völlig unklar. Die SCP hat ja keinerlei Erfahrung mit dem Lebensmittelhandel."

SCP-Group-Chefin Marjorie Brabet-Friel kündigte an, der Finanzinvestor werde versuchen, "Schließungen und Entlassungen so weit wie möglich zu vermeiden". Doch hänge das weitere Vorgehen von SCP auch vom künftigen Engagement der anderen Beteiligten, von den Mitarbeitern, Betriebsräten und Gewerkschaften über die Politik bis hin zu den Vermietern ab.

Dem "Handelsblatt" sagte Brabet-Friel, "wir treffen keine überhasteten Entscheidungen und geben Real eine faire Chance". Ziel ist es, "so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten". Keine Zukunft sieht sie für den Onlinemarktplatz real.de im Unternehmen: "Den wollen wir nicht selber betreiben, für diesen Teil des Unternehmens suchen wir einen Käufer."

Die Supermarktkette Real war zuletzt das Sorgenkind bei dem Düsseldorfer Handelsriesen und hatte im Geschäftsjahr 2018/19 für tiefrote Zahlen bei der Metro gesorgt. Die meist auf der grünen Wiese gelegenen Hypermärkte litten seit Jahren unter den veränderten Einkaufsgewohnheiten in Deutschland. Immer öfter ließen die Kunden die Hypermärkte links liegen und kauften lieber in Supermärkten und bei Discountern in ihren Wohnvierteln.

Die Metro erwartet durch den Verkauf einen Netto-Mittelzufluss in Höhe von rund 300 Millionen Euro. Das sind 200 Millionen Euro weniger als noch vor wenigen Monaten erhofft.

Metro-Chef Koch zeigt sich erleichtert, dass der größte Teil der Real-Standorte nach den Plänen des Käufers auch in Zukunft weiter für Einzelhandel genutzt werden soll. "Viele der erfahrenen und qualifizierten Real-Mitarbeiter haben eine gute Chance auf Weiterbeschäftigung", meinte er. Für Beschäftigte, die aus betrieblichen Gründen ihre Stelle verlieren, wurde eine Abfindungsregelung vereinbart. Für die Metro sei der Verkauf der letzte große Schritt auf dem Weg zum reinen Großhändler, betonte Koch.

Der Vertrag steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Aufsichtsgremiums der russischen Sistema PJSFC, die die Finanzierung der Übernahme sicherstellt. Sistema teilte ebenfalls am Dienstag in Moskau mit, dass man dafür bis zu 263 Millionen Euro zur Verfügung stelle. Auch die Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen.

Die Metro hatte bereits 2018 angekündigt, die Supermarktkette abgeben zu wollen, um sich ganz auf das Großhandelsgeschäft mit Gastronomen und kleinen Händlern konzentrieren zu können. Doch erwies sich der Verkaufsprozess als deutlich schwieriger als erwartet./rea/DP/he