Thun (awp) - Der Solarindustriezulieferer Meyer Burger lanciert ein weitreichendes Kosteneffizienzprogramm. Dieses soll die Produktionskosten des in den roten Zahlen steckenden Unternehmens optimieren und das Produktportfolio straffen. Die Produktion in Thun wird eingestellt und nach China verlagert.

Mit der Produktionsverlagerung folgt Meyer Burger dem Markt: So werden gemäss Meyer Burger 85% der Photovoltaik-Wafer in Asien hergestellt, hauptsächlich in China. Meyer Burger schliesst daher in Thun die Produktion von Diamantdrahtsägen und siedelt diese nach China über. Dadurch könnten flexiblere Kostenstrukturen, eine Reduktion der Lieferzeiten und -kosten sowie eine noch stärkere Kundennähe erreicht werden, schreibt das Unternehmen am Donnerstag.

Zu Veränderungen kommt es aber nicht nur im Geschäftsbereich Wafering: Im Bereich Module wird das Unternehmen alle Ressourcen auf die Weiterentwicklung der SmartWire Connection Technologie (SWCT) zu einem Industriestandard konzentrieren. Produkte mit schlechten Margen werden im Gegenzug aus dem Portfolio gestrichen, wie es bei Meyer Burger auf Anfrage hiess.

Im Bereich Solarsysteme schliesslich, der auf den Schweizer Markt mit gebäudeintegrierten Photovoltaik-Applikationen ausgerichtet ist, wird die Produktion von Solarpanels in Thun eingestellt. Zudem werden strategische Alternativen für den umsatzmässig kleinen Geschäftsbereich geprüft. CEO Hans Brändle meinte auf Anfrage von AWP, das dabei ein opportunistischer Ansatz verfolgt werde. In Frage käme neben der Auslagerung der Produktion insbesondere ein Management-Buy-Out oder der Verkauf an Dritte.

KOSTEN VON 45 MIO CHF IN JAHRESRECHNUNG 2017

Die Produktionsschliessung in Thun soll voraussichtlich bis Ende 2018 erfolgen. Die bestehenden Produktionskapazitäten in Thun wiesen eine signifikante Unterauslastung auf, weshalb die Transformation des Standorts unvermeidbar seien, um Kosten zu reduzieren, schreibt Meyer Burger. Vom geplanten Abbau sind in Thun über die nächsten 15 Monate bis maximal 180 Stellen betroffen - hauptsächlich solche in der Produktion, der Logistik, im Einkauf und in der Produktionsplanung. Im Communiqué hält das Unternehmen fest, dass erste Gespräche mit Arbeitnehmervertretern bereits stattgefunden hätten und man darum bemüht sei, die Personalmassnahmen fair und möglichst sozialverträglich umzusetzen. Derzeit beschäftigt Meyer Burger in Thun 320 Angestellte.

In Thun fokussiert Meyer Burger fortan seine Aktivitäten von Global Sales und Marketing, Services, Forschung und Entwicklung sowie die Headquarter-Funktionen.

Das Kosteneffizienzprogramm führt zu einmaligen Kosten von insgesamt zirka 50 Mio CHF. Rund 10 Mio davon sind gemäss Meyer Burger liquiditätswirksam, wobei die eine Hälfte der Jahresrechnung 2017 belastet wird und andere Hälfte jener von 2018. Die nicht liquiditätswirksamen ausserordentlichen Aufwendungen in Höhe von rund 40 Mio CHF, die insbesondere wegen Wertberichtigungen von Warenvorräten, Immobilien und immateriellen Anlagen anfallen, werden der Jahresrechnung 2017 belastet.

FLEXIBILISIERUNG DER KOSTEN

Die Umsetzung des Kosteneffizienzprogramms soll auf Stufe EBITDA pro Jahr einen positiven Einfluss von rund 10 Mio CHF erzeugen. Meyer-Burger-CEO Brändle strich dabei aber hervor, dass es bei der Produktionsauslagerung weniger um diesen Betrag, als um eine "deutliche Flexibilisierung der Kosten" ginge. "Wir senken dabei insbesondere das Risiko, dem wir bei einer Unterlastung ausgesetzt sind."

Die bisherige Guidance für den Umsatz 2017 bestätigt Meyer Burger, das heisst es wird weiter mit Verkäufen im Umfang von 440 bis 460 Mio CHF gerechnet. "Wir sind gut unterwegs, ohne die nun angekündigten Massnahmen hätte der Gewinnausblick fürs laufende Jahr nicht angepasst werden müssen", sagte Brändle. Wegen der Sonderkosten rechnet Meyer Burger nun aber mit einem EBITDA von 5 bis 15 Mio CHF. Bisher hatte das Unternehmen mit einem EBITDA von 30 bis 45 Mio CHF gerechnet.

Bezüglich Rückkehr in die Profitabilität hält Meyer Burger an den bisherigen Aussagen fest. "Wir wollen so schnell wie möglich in die Profitabilität zurückkehren", sagte Brändle. Konkrete Angaben zum Geschäftsjahr 2018 Jahr würden bei der Veröffentlichung der Jahreszahlen gemacht.

Im Weiteren vermeldete Meyer Burger am Donnerstag, eine Reorganisation der niederländische Niederlassung in Eindhoven zu planen. In Eindhoven beschäftigt das Unternehmen in den Bereichen Inkjet Printing und Thinfilm Encapsulation rund 75 Mitarbeiter.

jr/dm