Mailand (Reuters) - Der italienische Großaktionär MFE-MediaForEurope lotet einem Insider zufolge bei Banken einen Milliarden-Kredit zur möglichen Übernahme von ProSiebenSat.1 aus.
Man habe mehrere Institute um ein 3,4-Milliarden-Euro-Darlehen gebeten, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch von einer mit der Sache vertrauten Person. Der Kredit solle über fünf Jahre laufen und ab dem 5. Dezember bereitstehen. Damit könnten 2025 alle potenziell nötigen Finanzierungen rund um den deutschen TV-Konzern und eine mögliche Übernahme gestemmt werden. Die MFE-Holding der Berlusconi-Familie wolle bereit sein, eine unmittelbare Entscheidung stehe aber nicht bevor, sagte der Insider. MFE und ProSiebenSat.1 lehnten einen Kommentar ab. Zuerst hatte die italienische Zeitung "Il Messaggero" über die Pläne berichtet.
Die ProSiebenSat.1-Aktie lag am Vormittag rund acht Prozent im Plus bei 5,11 Euro und die MFE-Papiere stiegen etwa 1,85 Prozent. ProSiebenSat.1 ist an der Börse rund 1,1 Milliarden Euro wert. Die Anteilseigner haben allerdings eine lange Talfahrt hinter sich, denn die ProSieben-Aktie hatte im Mai 2021 noch bei über 18 Euro gelegen.
Reuters hatte bereits im April von Verhandlungen von MFE mit Banken über die Finanzierung einer Übernahme von ProSiebenSat.1 erfahren. Nun sind die Pläne offenbar weiter gediehen. Der Zeitung zufolge hat UniCredit eine führende Rolle beim Kredit. Der Insider sagte, die Banken seien alle gleichermaßen beteiligt. Dazu gehörten: Banco BPM, BPER Banca, BNP Paribas, Deutsche Bank und Intesa Sanpaolo. Von den Geldhäusern war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
VERKAUF VON FLACONI UND VERIVOX IST KNACKPUNKT
MFE hält fast 30 Prozent an ProSiebenSat.1, die tschechische PPF-Gruppe ist mit rund 15 Prozent zweitgrößter Investor. Sie drängen das Management um Bert Habets dazu, Randgeschäfte wie den Kosmetikanbieter Flaconi und das Vergleichsportal Verivox zu verkaufen. Reuters hatte jüngst unter Berufung auf Insider berichtet, dass ProSiebenSat.1 mit dem italienischen Unternehmen Moltiply über den Verkauf von Verivox verhandelt. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass MFE eine Übernahme startet, wenn ProSiebenSat.1 auf Entertainment getrimmt ist.
Zuletzt hieß es in der Branche, MFE werde die Jahreszahlen 2024 von ProSiebenSat.1 genau unter die Lupe nehmen. Zudem werde man Anfang 2025 schauen, ob es dem Management aus Unterföhring bei München gelinge, Flaconi und Verivox zu verkaufen. Davon hänge das weitere Vorgehen der Italiener ab. In diesem Zusammenhang dürfte sich auch entscheiden, ob der Vertrag des seit Ende 2022 amtierenden ProSiebenSat.1-Chefs Habets über den November 2025 hinaus verlängert wird. Dies gilt ebenfalls für Aufsichtsratschef Andreas Wiele, der bis zur Hauptversammlung im nächsten Frühjahr bestellt ist.
(Bericht von Elvira Pollina, Valentina Za und Isabel Demetz, geschrieben von Klaus Lauer, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)