Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Der Softwarekonzern Microsoft hat mit seinen Videospielen immer die Gratwanderung gewagt, zwei ganz unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen, zahlende Kunden und Nutzer eines kostenfreien Angebotes. Kurz vor Veröffentlichung der Quartalszahlen am Dienstag wird der Spagat in aller Deutlichkeit sichtbar.

Microsoft kündigte vergangenen Freitag eine Preiserhöhung für seinen Xbox-Service Live an. Für neue Abonnenten sollte sich der Preis faktisch verdoppeln. Allerdings waren viele Nutzer empört und äußerten dies auch öffentlich, so dass der Softwarekonzern einen Rückzieher machte. Nun sollen die Preise für die Abos Xbox Live Gold unverändert bleiben. Microsoft ging sogar noch weiter und lässt die kostenlosen Spiele jetzt neu auch auf der Xbox zu, wenn Nutzer nicht den Gold-Status haben.

Investoren hatten auf die Preiserhöhung eigentlich positiv reagiert. Microsoft-Aktien waren am Freitag in einem schwachen Umfeld gestiegen. Die Videospiele galten vielen Investoren lange als teuer und unpassend für das Produktportfolio von Microsoft. Einige Analysten hatten CEO Satya Nadella vor einigen Jahren sogar dazu aufgefordert, den Geschäftsbereich zu verkaufen.

Microsoft tat aber das Gegenteil und investierte kräftig. Zwei der größten Übernahmen stärkten das Videospielegeschäft, so etwa der Kauf von Bethesda Softworks für 7,5 Milliarden US-Dollar.

Die Markteinführung der Xbox-Serien X und S im vergangenen November werden dem Softwarekonzern ein starkes Spielegeschäft 2021 bescheren. Im vergangenen Geschäftsjahr per Ende Juni spielten die Aktivitäten bereits 11,4 Milliarden Dollar ein, dieses Jahr sollen es laut Analysten 17 Prozent mehr werden. Der Segmentumsatz im jüngsten Quartal dürfte sogar um 26 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar gestiegen sein.

Es ist aber nicht alles rosig. Die Spielekonsolen selbst fahren viel geringere Marge ein als der Verkauf der Spiele. Analysten rechnen im jüngsten Quartal für die Microsoft-Sparte More Personal Computing, dem die Spiele-Aktivitäten zugehören, mit einem Rückgang der Marge auf 27 von 32 Prozent vor Jahresfrist.

Investoren werden die vorübergehende Schwäche der Marge vermutlich mit Nachsicht übersehen, insbesondere wenn die für Microsoft wichtige Cloud-Sparte weiterhin so solide wächst wie bislang. Die Videospieler werden die Preisveränderungen auch wieder vergessen, viele von ihnen sind seit Jahren treue Xbox-Nutzer. Beides wird die Erkenntnis festigen, dass Spiele für Microsoft kein Spaß sind, sondern einfach dazugehören.

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January 25, 2021 08:09 ET (13:09 GMT)