Von Charley Grant

NEW YORK (Dow Jones)--Wenn die großen US-Banken ab Freitag ihre Zahlen für das vierte Quartal vorlegen, werden die Anleger einige Antworten auf die Frage bekommen, wie nach zwei Jahren Pandemie das "Neue Normal" für die Kreditinstitute aussieht.

Zunächst werden Ende der Woche JP Morgan, Wells Fargo und die Citigroup ihre Quartalsberichte veröffentlichen. In der kommenden Woche folgen Bank of America, Goldman Sachs und Morgan Stanley.

Analysten rechnen laut Factset damit, dass im marktbreiten Index S&P 500 gelistete Banken Gesamtgewinne von 31,2 Milliarden US-Dollar im vierten Quartal erzielt haben, das wäre ein Rückgang um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Wie andere Branchen auch müssen sich Banken an die Omikron-Realität anpassen. Die Konsumausgaben schwächelten gegen Jahresende, die US-Inflation kletterte im Dezember auf den höchsten Stand seit vier Jahrzehnten.

Lagen die Zahlungen mit Kredit- und Debitkarten von JP Morgan Chase im November noch 21 Prozent über dem Niveau von 2019, war es in der letzten Dezemberwoche nur noch ein Plus von 11 Prozent, wie Analysten des Hauses ermittelten. Deutlich abwärts ging es vor allem bei der Bezahlung von Flugtickets.

Was die Gewinne weiterhin belastet, sind die deutlich geringeren Risikoauflösungen. Die Banken hatten 2020 große Reserven aufgebaut, um sich für hohe pandemiebedingte Verluste zu wappnen. Das schnitt in die Profite. Als sich die Wirtschaft erholte, begannen die Banken mit der Auflösung dieser Risikorückstellungen. Analysten gehen davon aus, dass diese Auflösungen längst nicht mehr so viel hergeben werden wie in den Vorquartalen.

Unterdessen gehen die historisch hohen Handelsniveaus, eine wichtige Profitquelle bei pandemiebedingter Marktvolatilität, auf "normale" Levels zurück. Analysten prognostizieren bei Goldman Sachs laut Factset Handelserlöse von 4,2 Milliarden Dollar im vierten Quartal. Das wären immer noch 20 Prozent mehr als im vierten Quartal 2019, aber etwa 45 Prozent weniger als im ersten Quartal 2021.

Aber es gibt auch Lichtblicke. Die steigenden Zinsen in den USA könnten zu höheren Margen im Kreditgeschäft geführt haben. Analysten von KBW erwarten einen Anstieg der bereinigten Nettozinserträge um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Dieses Wachstum könnte sich im laufenden Jahr fortsetzen. Darauf setzen die Anleger offenbar. Der KBW Nasdaq Bank Index hat seit dem 15. Dezember, als die Federal Reserve mehrere Zinserhöhungen für 2022 signalisierte, um mehr als 10 Prozent zugelegt. JP-Morgan-Chef Jamie Dimon prognostizierte in einem Interview mit CNBC am Montag mehr als vier Erhöhungen in diesem Jahr. Die Fed stellte einen Beginn der Zinsanhebungen im März in Aussicht.

Das Kreditwachstum zieht wieder leicht an. Die von US-Banken ausgereichten Kredite erreichten Ende Dezember 10,76 Billionen Dollar, das waren 2,8 Prozent mehr als Ende September und damit nicht weit weg von dem Hoch, das kurz nach Beginn der Pandemie 2020 erreicht worden war.

Eine wichtige Quelle für Bankengewinne, der heiße Markt für Unternehmenszusammenschlüsse, zeigt kaum Anzeichen einer Verlangsamung. Die weltweiten Investmentbanking-Einnahmen übertrafen im vierten Quartal laut Dealogic 31 Milliarden Dollar. Das war etwas weniger als in den Vorquartalen, aber deutlich mehr als das Niveau vor der Pandemie.

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January 13, 2022 23:45 ET (04:45 GMT)