MÜNCHEN (awp international) - Die weltweiten Schäden wegen Naturkatastrophen sind im vergangenen Jahr gestiegen. Rund um den Globus haben Stürme, Hochwasser, Erdbeben und andere Katastrophen volkswirtschaftliche Schäden von 210 Milliarden Dollar (rund 170 Mrd Euro)verursacht - nach 166 Milliarden im Vorjahr. Das haben die Fachleute des Rückversicherers Munich Re für den am Donnerstag veröffentlichten neuen Naturkatastrophenbericht des Unternehmens errechnet.

Besonders schwer getroffen wurden die USA, wo Hurrikane, Serien schwerer Gewitter und Waldbrände allein 95 Milliarden Dollar anrichteten - sechs der zehn teuersten Naturkatastrophen trafen die Vereinigten Staaten.

Europa kam mit vergleichsweise geringen Schäden von 12 Milliarden Dollar eher glimpflich davon. Für das Erdbeben in Kroatien am 29. Dezember gibt es noch keine Zahlen, doch dürften die Schäden nach Einschätzung der Munich Re eher begrenzt ausgefallen sein, da die Region um das Epizentrum vergleichsweise dünn besiedelt ist.

"2020 war sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch in der Langzeitbetrachtung ein schadenreiches Jahr", sagte Ernst Rauch, der Chef-Klima- und Geowissenschaftler des Konzerns. "Damit liegt das vergangene Jahr in einem langfristigen Trend zu höheren Naturkatastrophenschäden, den wir seit Jahrzehnten beobachten."

Allerdings war 2020 kein Rekordjahr: "2005, 2011 und 2017 hatten wir versicherte Schäden von jeweils über 100 Milliarden Dollar", sagte Rauch. Die Munich Re dokumentiert globale Naturkatastrophenschäden seit Jahrzehnten, da dies für die Versicherungsbranche bei der Berechnung der Beiträge von grosser Bedeutung ist.

Wegen Naturkatastrophen verloren auch weniger Menschen ihr Leben: Die Zahl der weltweiten Todesopfer sank von über 9000 im Vorjahr auf 8200. "Auch dieser Rückgang ist ein langjähriger Trend", sagte Rauch.

Die wirtschaftlich grösste Naturkatastrophe ereignete sich jedoch nicht in Nordamerika, sondern in Asien: Ein sommerliches Hochwasser in China richtete 17 Milliarden Dollar Schaden an. In Nordamerika gab es jedoch mehrere Naturkatastrophen mit sehr hohen Schäden: Dazu zählten unter anderem der Hurrikan Laura mit 13 Milliarden Dollar Schaden sowie die zerstörerischen Waldbrände des Sommers im Westen der USA, die mit 16 Milliarden Euro zu Buche schlugen.

"Am auffälligsten ist die sehr hohe Zahl der tropischen Wirbelstürme in Nordatlantik", sagte Rauch. "Wir hatten dort 30 benannte Ereignisse, so viele wie noch nie seit Beginn der regelmässigen Erfassung vor über 150 Jahren. Eine spannende Frage ist, ob der Weltklimarat IPCC in seinem nächsten Sachstandsbericht die steigende Anzahl der Stürme in einen Zusammenhang mit dem Klimawandel bringt."

Das vergangene Jahr war erneut ein sehr warmes Jahr, die globale Mitteltemperatur lag von Januar bis November um etwa 1,2 Grad höher als in den zwei Vergleichsjahrzehnten von 1880 bis 1900 vor der weitgehenden Industrialisierung des Planeten. "Zunehmende Hitzewellen und Düren heizen Waldbrände an, starke tropische Wirbelstürme werden häufiger, Gewitter ebenso", sagte Rauch.

Generell wird Europa im langjährigen Schnitt weniger von Naturkatastrophen beeinträchtigt. "Bei den gesamtwirtschaftlichen Schäden liegt manchmal Nordamerika an der Spitze, manchmal Asien", sagte Rauch.

Laut Munich Re waren nur etwas mehr als ein Drittel der global 210 Milliarden Dollar schweren Schäden versichert, insgesamt rund 82 Milliarden Dollar. "Bei den versicherten Schäden liegt Nordamerika im langjährigen Vergleich eindeutig an der Spitze", sagte Rauch. "Das hat zwei Gründe: Intensive Naturereignisse und eine hohe Versicherungsdichte. In den USA ist vieles ein bisschen grösser, leider auch die Schäden durch Naturkatastrophen."

Im Gegensatz zu den USA sei in Asien nur ein sehr kleiner Teil der Schäden versichert, sagte Rauch. "Das wirft Länder wie Bangladesch in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung leider immer wieder zurück, weil das Geld für den Wiederaufbau fehlt. Allgemein gesehen könnte Corona in dieser Hinsicht vielleicht etwas zum Positiven verändern, weil das Bewusstsein für systemische Risiken und Resilienz wächst."/cho/DP/mis