MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Rückversicherer Munich Re will seinen Gewinn in den Jahren nach der Corona-Krise wieder merklich steigern. Vorstandschef Joachim Wenning setzt dazu auf einen weiteren Geschäftsausbau in der Rückversicherung, eine stärkere Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle etwa im Internet der Dinge. Außerdem soll die Tochter Ergo bis zum Jahr 2025 so rentabel werden wie die Rückversicherungssparte, wie der Dax-Konzern am Dienstag in München mitteilte. Und bis 2050 will die Munich Re raus aus Kapitalanlagen und Versicherungsverträgen im Bereich Kohle, Öl und Gas.

An der Börse konnten die Pläne der Konzernführung nicht überzeugen. Die Munich-Re-Aktie büßte nach den Nachrichten ihre Kursgewinne vom Morgen ein und trat am frühen Nachmittag praktisch auf der Stell. Damit wurde sie rund neun Prozent billiger gehandelt als zum Jahreswechsel.

Bis zum Jahr 2025 will die Munich Re die Eigenkapitalrendite auf 12 bis 14 Prozent steigern. Im Jahr 2019 hatte sie lediglich bei 9,2 Prozent gelegen. Im laufenden Jahr hätte sie - bereinigt um die Corona-Belastungen - mit 11,9 Prozent fast schon den Zielbereich getroffen. Das Ziel von 12 bis 14 Prozent gilt sowohl für das Rückversicherungsgeschäft als auch für Ergo. Der Erstversicherer aus Düsseldorf sei "vom Problemkind zur Freude im Konzern geworden", sagte Wenning.

Den Gewinn je Aktie will die Munich Re bis 2025 im jährlichen Schnitt um mindestens fünf Prozent steigern. Als Basis gilt nicht etwa der für 2020 erwartete Nettogewinn von rund 1,2 Milliarden Euro, sondern der um die Corona-Folgen bereinigte Gewinn von 2,8 Milliarden Euro. Diese Marke hatte sich der Vorstand für das laufende Jahr ursprünglich zum Ziel gesetzt, seine Prognose jedoch im Frühjahr wegen der absehbar hohen Belastungen durch die Pandemie gestrichen.

Allein in der Rückversicherungssparte muss der Konzern in diesem Jahr inzwischen coronabedingte Schäden von voraussichtlich 3,4 Milliarden Euro schultern. Vor allem der versicherte Ausfall von Großveranstaltungen schlug bei den Münchnern teuer zu Buche, aber auch die vielen Todesfälle in den USA kosteten den Konzern bereits einen dreistelligen Millionenbetrag. Wenning hat sich einen Überschuss von 2,8 Milliarden Euro inzwischen für 2021 vorgenommen - trotz erwarteter weiterer Belastungen infolge der Pandemie.

Um ihre neuen Mittelfristziele für 2025 zu erreichen, sollte die Munich Re ab 2022 um so stärker zulegen. Legt man den um Corona bereinigten Gewinn von 2020 und eine jährliche Steigerung um mindestens fünf Prozent zugrunde, müsste die Munich Re im Jahr 2025 einen Überschuss von fast 3,6 Milliarden Euro oder mehr erzielen.

Da sich der Vorstand bei seinem Ziel aber auf den Gewinn je Aktie bezieht, könnte der Konzern alternativ für Milliardenbeträge eigene Aktien vom Markt zurückkaufen, wie er es vor der Corona-Krise jahrelang getan hatte. Weil dadurch die Zahl der Aktien sinkt, würde der Gewinn je Aktie in diesem Fall selbst dann steigen, wenn der Konzernüberschuss stagniert.

Folgt man der Argumentation von Finanzvorstand Christoph Jurecka, haben sich die Chancen für weitere Aktienrückkäufe inzwischen etwas verschlechtert. Zwar blieben Aktienrückkäufe "zentraler Bestandteil unseres Kapitalmanagements", sagte der Manager. Allerdings wäge die Munich Re immer ab, ob sie ihr Kapital rentabel für neues Geschäft einsetzen könne oder es besser an die Aktionäre zurückgebe. Und die Geschäftschancen hätten sich zuletzt merklich verbessert.

Allerdings sollen sich die Aktionäre wie bisher auf regelmäßige hohe Dividenden verlassen können. So soll die Dividende wie der Gewinn je Aktie im jährlichen Schnitt um mindestens fünf Prozent steigen und auch in Jahren mit besonders hohen Schäden nicht sinken.

In der Schaden- und Unfall-Rückversicherung will die Munich Re ihre Prämieneinnahmen in den kommenden fünf Jahren um fast ein Drittel auf 31,5 Milliarden Euro steigern. In der Lebens- und Kranken-Rückversicherung peilt der Vorstand eine Steigerung um ein Fünftel auf 15 Milliarden Euro an - was einem jährlichen Plus von etwa vier Prozent entspricht. Der Erstversicherer Ergo soll seine Prämien bis 2025 im jährlichen Schnitt um 2,5 Prozent steigern.

Dabei soll sowohl in der Erstversicherung Ergo als auch in der Rückversicherung ein größerer Teil der Prämien im Schaden- und Unfallgeschäft beim Unternehmen hängen bleiben. Dazu soll die kombinierte Schaden-Kostenquote soll in der Rückversicherung bei 95 Prozent, bei Ergo Deutschland bei 90 Prozent und bei Ergo International deutlich unter der kritischen 100-Prozent-Marke bleiben.

Denn von ihren Kapitalanlagen kann die Munich Re kaum große Renditesprünge erwarten. "Das Niedrigzinsumfeld wird uns noch lange begleiten, davon sind wir überzeugt", sagte Jurecka. Dies ziehe die Kapitalanlagerendite jedes Jahr um 0,1 Prozentpunkte nach unten. Die Munich Re will dem mit stärkeren Investitionen in alternativen Anlagen und Krediten an Unternehmen entgegenwirken.

Zum Rückzug bläst der Rückversicherer hingegen bei Investitionen und im Versicherungsgeschäft rund um Kohle, Öl und Gas. Die CO2-Emissionen im Anlageportfolio des Konzerns sollen bis zum Jahr 2025 um 25 bis 29 Prozent schrumpfen und im Jahr 2050 auf Null sinken.

Im Versicherungsgeschäft will die Munich Re ihr Engagement bei kohlebezogenen Unternehmen bis 2025 um 35 Prozent senken und bis 2040 auf Null. Im Bereich Öl- und Gas-Förderung und -Erkundung dauert es länger. Dort will die Munich Re die ihr zurechenbaren Emissionen aus versicherten Unternehmen bis 2025 um fünf Prozent senken und peilt erst für 2050 eine CO2-Bilanz von Null an./stw/knd/jha/