Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass die Verbraucher inzwischen den Gürtel enger schnallen. Der Grund sind die anziehenden Preise. Dabei lautet die gute Nachricht für Unternehmen wie Nestlé, dass Haushaltskonsumgüter auf der Liste der Kürzungen relativ weit unten stehen. Am Donnerstag berichtete der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern, dass der Umsatz im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 7,6 Prozent angewachsen ist.

Das Wachstum setzte sich zusammen aus einem Anstieg der Preise um 5,2 Prozent, dem höchsten Wert seit 2008, sowie einer Zunahme der Menge und des Mixes der verkauften Waren um 2,4 Prozent. Dies zeigt, dass die Verbraucher bei steigenden Preisen noch nicht an der Menge ihrer Einkäufe sparen. Besonders auffällig war der Trend in Nordamerika, wo die Preise von Nestlé um 8,5 Prozent kletterten, die Voluminaentwicklung im Quartal aber immer noch positiv ausfielen.


   Ungebrochenes Absatzwachstum 

Auch andere Unternehmen, die wichtige Konsumgüter herstellen, meldeten in dieser Woche einen unerwartet hohen Absatz. Bei Procter & Gamble verbesserte er sich um 3 Prozent, obwohl das Unternehmen 5 Prozent mehr verlangte. Danone verkaufte mehr Waren trotz Preisanhebungen. Widerstandsfähig zeigten sich ebenso die Ausgaben für Bier, wie die Ergebnisse von Heineken, der zweitgrößten Brauerei der Welt, verdeutlichen, die im zurückliegenden Quartal 5,2 Prozent mehr Bier absetzte als im Vorjahr.

Es gibt aber reichlich Anzeichen dafür, dass leichter verzichtbare Konsumgüter wie Streaming-Dienste unter Druck geraten. Netflix büßte zuletzt mehr als ein Drittel seines Marktwertes ein, nachdem das Unternehmen den ersten Rückgang bei der Zahl der zahlenden Abonnenten seit mehr als einem Jahrzehnt gemeldet hatte. Der intensive Wettbewerb zwischen den Streaming-Plattformen war ein Faktor, aber die Nutzer versuchen möglicherweise auch, ihre Ausgaben zu senken.


   Lebensmittelmarken stehen bald vor neuer Verteuerungsrunde 

In den USA haben sich die Ausgaben für Fast-Fashion-Marken im Vergleich zur Vorjahreszeit verlangsamt, da sich einkommensschwache Verbraucher stärker in die finanzielle Enge getrieben fühlen, so eine Analyse von Kreditkartendaten durch die Bank of America. Dies fällt mit einem starken Rückgang der verkauften Zigaretten in den USA zusammen. Raucher haben Statistikern zufolge in der Regel ein unterdurchschnittliches Einkommen und reagieren besonders empfindlich auf die Benzinpreise.

Unternehmen, die wichtige Haushaltskonsumgüter herstellen, werden möglicherweise nicht auf immer verschont bleiben. Sie müssen nämlich die Preise bald wieder anheben. Der Krieg in der Ukraine hat die Energiekosten in die Höhe getrieben, was sich auf die Kunststoffpreise auswirken wird. Dies schadet den Branchenunternehmen, die in der Regel viel Verpackung verwenden.


   Inflation bei Agrarprodukten 

Teureres Getreide wird auch die Inflation bei den Zutaten für schmackhafte Snacks anheizen, ebenso wie steigende Milch- und Fleischpreise, da die Fütterung von Vieh teurer wird. Die Verknappung von Sonnenblumenöl - einer Zutat für viele Babynahrungsmarken, die vielfach aus der Ukraine exportiert wird - dürfte Nestlé und Danone schaden.

Der Grund sind strenge Vorschriften für die Rezepturen von Säuglingsnahrung, die es erschweren, diesen Rohstoff beispielsweise durch Palmöl zu ersetzen. Wenn die Marken derweil zu aggressiv mit Preiserhöhungen zuschlagen, könnten mehr Verbraucher auf billigere Produkte wie Hausmarken der Supermärkte ausweichen. Das wiederum schadete dem Mengenwachstum, von dem die Finanzkraft der Lebensmittelkonzerne letztlich abhängt.

Im Moment scheinen sich die Verbraucher jedoch darauf zu konzentrieren, woanders Geld zu sparen, und die Hersteller von Verbrauchsgütern werden ihrem Ruf als defensive Anlageform gerecht.

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April 21, 2022 10:14 ET (14:14 GMT)